Zugpost Januar 2023

Neue Schlafwagen für Finnland, Startschuss für den European Sleeper und die Macht der Funktion „Zwischenhalt“. Mit der Zugpost ins neue Jahr.

Zugpost Januar 2023
Neue Schlafwagen: Finnland macht seine Nachtzüge noch besser. Foto: VR

Hallo Zugfans 👋

Was macht man, wenn man die besten Nachtzüge in Europa hat? Sie noch besser!

Das hat man sich offenbar bei der finnischen Bahn gedacht und unter der Woche neue Schlafwagen mit dem Wow-Effekt präsentiert. Was sie zu bieten haben und warum sie Vorbild für ganz Europa sein sollten, erfahrt ihr in dieser Ausgabe.

Neues gibt es bald auch zwischen Brüssel und Berlin. Wie es aussieht, wird dort im Mai endlich der European Sleeper seinen Betrieb aufnehmen. Und apropos Finnland: Meine Rückreise aus den Weihnachtsferien nach Turku hat Lennart dazu inspiriert, sich in seiner Kolumne einmal der Macht der „Zwischenhalt“-Funktion in der DB-Reiseauskunft zu widmen.

Viel Spaß beim Lesen wünscht

Sebastian

Neue Schlafwagen für Finnland

Die finnische Staatsbahn VR hat am Mittwoch neue Schlafwagen für ihre Nachtzüge nach Lappland präsentiert. Sie sollen ab Sommer 2025 zum Einsatz kommen und die Bestandsflotte ergänzen. Äußerlich handelt es sich um die bekannten grün-weißen Doppelstockwagen, von innen präsentieren sie sich aber komplett neu.

Ins Auge fällt zunächst das elegant-nordische Design. Hochwertige Materialien wie Holz und Metall prägen das Bild, das Grün der VR setzt farbliche Akzente. Erstmals wird es in den neuen Wagen ein Familien-Abteil mit Doppelbett sowie einem darüber angeordneten Kinderbett geben. Die übrigen Abteile haben die gewohnte Konfiguration mit zwei Einzelbetten übereinander. Ebenfalls neu: Alle Abteile im Unter- und Oberdeck werden mit einem privaten WC ausgestattet sein. Eine eigene Dusche gibt es dagegen weiterhin nur in den Abteilen im oberen Stockwerk.

Mehr Bilder und ein Video der Schlafwagen: https://vrgroup.studio.crasman.cloud/bank/yojunakalusto

Weitere Details konnte die Zeitung Helsingin Sanomat in Erfahrung bringen. So soll es neben einem feiner einstellbaren, wärmeren Licht auch eine verbesserte Schallisolation geben. Ein Hingucker dürfte zudem die Beleuchtung mit „Polarlicht“-Effekt in den Gängen werden. Natürlich werden auch die neuen Schlafwagen über Abteile für Reisende mit eingeschränkter Mobilität verfügen. Ebenfalls gegeben ist in den finnischen Nachtzügen die Möglichkeit zur Fahrradmitnahme.

Zunächst neun dieser Schlafwagen werden von Škoda Transtech im finnischen Kajaani gebaut. Es besteht jedoch eine Option auf 30 weitere Wagen. Außerdem im Auftrag enthalten sind neue Autotransportwagen, diese könnten erstmal über eine Ladefunktion für Elektrofahrzeuge verfügen.

Zum Einsatz kommen die Wagen zunächst auf den Strecken Helsinki/Turku–Rovaniemi, Helsinki–Kemijärvi und Helsinki–Kolari. Sollte die Option auf weitere Wagen gezogen werden, ist aber auch eine Ausweitung des Streckennetzes denkbar, heißt von Seiten der VR. Immer wieder in der Diskussion ist eine mögliche West-Ost-Verbindung von der Küste über Jyväskylä und Kuopio nach Joensuu. Nachtzüge nach Mittel- und Ostfinnland waren zuletzt im Jahr 2006 unterwegs.

Das Beispiel Finnland zeigt: Investitionen in moderne, komfortable und auf die Bedürfnisse aller Reisenden zugeschnittene Nachtzüge sind möglich. Bleibt zu hoffen, dass andere Länder nachziehen. Immerhin: In Deutschland scheint es vorsichtige Tendenzen in die Richtung zu geben. Mehr dazu in der Kurzstrecke.

European Sleeper startet im Mai

Lange hat es gedauert, doch nun scheint der Weg frei zu sein: Der erste Nachtzug von European Sleeper soll am 25. Mai 2023 von Brüssel über Amsterdam nach Berlin rollen. Das gab das belgisch-niederländische Unternehmen zur Jahreswende bekannt. Die Strecke soll zunächst dreimal pro Woche bedient werden, eine Ausweitung auf täglichen Verkehr könnte 2024 erfolgen.

Ebenfalls geplant ist dann eine Verlängerung des Zuglaufs über Dresden nach Prag. Damit wäre eine wichtige Lücke im europäischen Nachtzug-Netz geschlossen. West-Ost-Verbindungen in Richtung Tschechien oder auch Polen waren mit dem Ausstieg der Deutsch Bahn aus dem Nachtzug-Geschäft entfallen.

Der European Sleeper macht sich montags, mittwochs und freitags vom Bahnhof Bruxelles Midi / Brussel Zuid auf die Reise, Abfahrt ist um 19:22 Uhr. Die Ankunft in Berlin Hbf am nächsten Morgen ist um 06:48 Uhr. In der Gegenrichtung verkehrt der Zug sonntags, dienstags und donnerstags. Abfahrt in Berlin ist um 22:56 Uhr, Ankunft in Brüssel um 09:27 Uhr. Bedeutende Zwischenhalte sind neben Amsterdam auch Antwerpen, Rotterdam, Den Haag und Hannover.

Bekannt wurden zudem Details zur Ausstattung. So sollen die Züge über Sitz-, Liege- und Schlafwagen verfügen. In allen Kategorien lassen sich einzelne Plätze oder ganze Abteile buchen. Die Preise starten bei 49 € im Sitzwagen, 79 € im Liegewagen und 109 € im Schlafwagen. Fahrräder lassen sich gegen eine Gebühr von 24 € mitnehmen. Leider ist es European Sleeper nicht gelungen, barrierefreie Wagen aufzutreiben. Reisende mit eingeschränkter Mobilität haben somit das Nachsehen.

Der Buchungsstart für den European Sleeper soll am 20. Februar 2023 erfolgen, die Tickets werden direkt über europeansleeper.eu vertrieben. Passangebote wie Interrail und Eurail gelten vorerst nicht.

Lennarts Fahrkarten: Mit „Zwischenhalt“ zum Ziel

Neulich fuhr Sebastian wieder einmal von Oldenburg nach Turku. Leider ist die Fahrt in dieser Richtung etwas kompliziert. Mit der ersten Tag-Verbindung ist man zu spät in Stockholm, um die Nachtfähre nach Turku zu erwischen. Und auch der Nachtzug Hamburg–Stockholm ist keine Alternative, sein Fahrplan passt nicht zu den Fähren nach Finnland. Sebastians Lösung: Er nahm eine günstige Unterkunft in Flensburg und legte einen Zwischenstopp ein. Trotzdem war er mit einem durchgängigen und sehr günstigen Sparpreis-Ticket der Deutschen Bahn unterwegs. Der Clou ist die Funktion „Zwischenhalt“. Als wir hinterher über seine Reise sprachen, war uns schnell klar, dass das Thema der nächsten Zugpost sein soll.

Denn: So schön die hier zuletzt vorgestellten internationalen Sparpreise der DB auch sind – nehmen wir die Rhätische Bahn (Zugpost Dezember 2022) oder den Eurocity nach Kroatien (Zugpost November 2022) – so sehr sind die Angebote in Deutschland eher regional relevant. Wer startet schon gerne um 5:50 Uhr in Hamburg, um den EC nach Zagreb zu erwischen? Und genießt ihr die Rhätische Bahn wirklich, wenn ihr schon um 4:29 Uhr mit dem ICE aus Berlin starten müsst? Da wünscht man sich eine Zwischenübernachtung, vielleicht in einer schönen Stadt.

Das Gute ist: das geht! Das einzige, was ihr dafür tun müsst: Ihr sucht euch in der DB Reiseauskunft zwei Verbindungen an aufeinander folgenden Tagen von Start bis Ziel heraus, im Idealfall jeweils mit günstigen Sparpreisen. Und dann verbindet ihr diese mit der Funktion „Zwischenhalt“. Beispiel gefällig?

Ihr wollt von Hamburg an die kroatische Küste, nach Rijeka. Unterwegs wollt ihr in München Stopp machen. Am 22. Februar findet ihr um 12:01 Uhr einen Sparpreis für 37,90 € von Hamburg nach München (an 17:39). Am 23. Februar soll es weitergehen: Um 8:16 Uhr von München, Ankunft Rijeka um 18:27 Uhr, Preis: 39,90 €. Dazwischen liegen gut 14 Stunden in München zum Bummeln, Essen und Übernachten. Nun aber der Trick: Bucht ihr das Ticket durchgängig von Hamburg nach Rijeka und tragt in den weiteren Optionen der DB-Auskunft einen Zwischenhalt in München von 14 Stunden ein, dann bekommt ihr einen durchgehenden Sparpreis für nur 55,90 €, also über 25 % günstiger als die Einzelfahrscheine.

Besonders interessant: Ihr könnt Zwischenhalte auch im Ausland einplanen – solange weiterhin alle Züge prinzipiell Sparpreis-fähig sind. So ist der Trip nach Stockholm fast nur ab Norddeutschland an einem Tag zu schaffen, aber wer würde zu einem Kurzaufenthalt in Kopenhagen nein sagen?

Das Prinzip funktioniert genauso wie im vorherigen Beispiel. Wir suchen uns zunächst eine Verbindung bis Kopenhagen raus, sagen wir am 22. März, Frankfurt ab 8:58 Uhr, Kopenhagen an 17:41 Uhr, Preis 59,90 €. Abends bleibt genug Zeit für den Tivoli oder einen Stadtrundgang, und am nächsten Vormittag geht es weiter nach Stockholm. Von 11:21 bis 15:21 Uhr fahren jede Stunde direkte Züge, die bequem die Fähren nach Finnland oder die Nachtzüge nach Lappland erreichen, falls Stockholm noch nicht das Ziel ist. Nehmen wir den Zug um 12:21 Uhr, planen also 18,5 Stunden Aufenthalt in Kopenhagen ein. Ohne unseren Trick müssten wir für die Weiterfahrt nach Stockholm ein Ticket separat bei der SJ buchen, was um die 60 € kostet. Mit dem Aufenthalt erhalten wir aber für 59,90 € – jenen Preis also, den uns die Teilstrecke nach Kopenhagen allein kosten würde – ein durchgehendes Ticket von Frankfurt bis nach Stockholm, Ankunft 23. März um 17:37 Uhr.

Ich will ehrlich mit euch sein: Diese Art der Buchung ist manchmal etwas herausfordernd. Ihr müsst genau auf die Fahrzeiten schauen, den Zwischenhalt und die Aufenthaltszeit sorgfältig wählen, und es muss tariflich erlaubt sein. Aber die Beispiele zeigen, dass sich der Aufwand lohnt. So konnte Sebastian durch die Übernachtung in Flensburg sogar über 100 € sparen.

Meine persönliche Erfahrung ist, dass der Trick mit dem Zwischenhalt besonders gut in Richtung Südosteuropa und Skandinavien funktioniert. In Richtung Frankreich und Italien stößt er dagegen an seine Grenzen. So ist es völlig problemlos möglich, über Prag nach Budapest, über Salzburg nach Rijeka oder über Kopenhagen nach Stockholm zu fahren, aber eine Übernachtung in Straßburg auf dem Weg nach Südfrankreich ist bei mir bisher immer gescheitert. Dieser Tipp ist also etwas für alle, die gern tüfteln. Dafür bekommt ihr im Erfolgsfall einen Mini-Städtetrip auf dem Weg an euer Traumziel (fast) geschenkt und habt gerade in der Hauptreisezeit eine Alternative zu den stark nachgefragten Nachtzügen.

In diesem Sinne: Gute Reise!

Lennart Fahnenmüller ist Bahnnerd und ein echter Fahrkarten-Fuchs. Wenn er sein Wissen nicht gerade auf Twitter oder in der Zugpost teilt, arbeitet er als Berater für den ÖPNV.


Kurzstrecke

Updates, News und Fundstücke – alles, was sich sonst noch auf und neben Europas Gleisen tut, in der Kurzstrecke.

Deutschland schreibt Nachtzug-Studien aus

Tut sich in Deutschland etwas in Sachen Nachtzug? Das legen drei Ausschreibungen für Studien und Forschungsprojekte nahe, die zum Jahreswechsel aufgetaucht sind. Um die ökologische und gesellschaftliche Bilanz von Nachtzügen soll es in einer Studie für das Verkehrsministerium gehen. Gefordert ist ein Vergleich von Nachtzugverkehren mit anderen Verkehrsträgern, insbesondere Tagzügen. Gleich zwei Projekte zum Thema Nachtzug schreibt das Eisenbahnbundesamt aus. Darin geht es um die Rahmen- und Marktbedingungen sowie um geeignetes Wagenmaterial. Aufhorchen lässt vor allem letzteres Projekt. Hier sollen Musterlastenheften entstehen, auf deren Basis zeitgemäße Schlaf-, Sitz- und Liegewagen für den europaweiten Nachtzug-Verkehr entwickelt werden können. [Studie 1] [Studie 2] [Studie 3]

SJ EuroNight nach Berlin verlängert

Der Nachtzug Hamburg–Stockholm der schwedischen SJ startet ab 31. März 2023 bereits in Berlin. Die Abfahrt ist um 18:57 Uhr in Berlin Gesundbrunnen, Ankunft in Stockholm um 09:55 Uhr. Der Gegenzug verlässt Stockholm um 17:34 Uhr und erreicht Berlin um 09:00 Uhr, in dieser Richtung allerdings am Hauptbahnhof. Durch die Verlängerung kommt es zu einer veränderten Führung in Hamburg. Statt wie bisher am Bahnhof Altona wird der Zug künftig in Hamburg Hbf Station machen. Der weitere Zuglauf bleibt unverändert. Damit geht der SJ EuroNight künftig auf der gesamten Strecke in direkten Wettbewerb mit dem Snälltåget Berlin–Stockholm.

Schwedische Regierung kassiert Ausbaupläne

Bleiben wir in Schweden, wo seit einigen Monaten eine Mitte-Rechts-Regierung im Amt ist. Diese macht nun eine Kehrtwende in Sachen Bahnausbau. Am 23. Dezember wurde die Verkehrsbehörde Trafikverket angewiesen, die Planung einer Reihe von Neubaustrecken sofort einzustellen oder zumindest auf Eis zu legen. Davon betroffen sind unter anderem die Strecken Lund–Hässleholm und Göteborg–Borås, welche teilweise für Geschwindigkeiten bis 320 km/h vorgesehen waren. Vertreter der Oppositionsparteien sowie aus Industrie und Handel zeigten sich empört bis entsetzt über den Beschluss. [Mehr Infos]

Direkter TGV von Frankfurt nach Bordeaux

Frankfurt erhält eine weitere Direktverbindung nach Frankreich. Im Zeitraum von 8. Juli bis 26. August 2023 wird samstags ein TGV über Mannheim, Karlsruhe, Strasbourg und Marne la Vallée-Chessy (Disneyland) nach Bordeaux fahren. Abfahrt am Frankfurter Hauptbahnhof ist um 06:56 Uhr, Ankunft am Bahnhof Bordeaux-St-Jean um 14:35 Uhr. In Gegenrichtung verkehrt der Zug ebenfalls nur am Samstag. Abfahrt in Bordeaux ist um 15:58 Uhr, Ankunft in Frankfurt um 23:51 Uhr. Nach Angaben der DB ist der Zug voraussichtlich ab 1. Februar buchbar.

Schweiz: Tageskarte für 49 Franken

Die Supermarktkette Coop bietet vom 23. Januar bis 19. Februar eine Tageskarte für die gesamte Schweiz an. Das Ticket gilt in Zug, Postauto, Schiff, Tram und Bus und kostet 49 Franken. Letzter möglicher Gültigkeitstag ist der 19. März 2023. Mit dem Kauf des Tickets gibt es noch weitere Vergünstigungen, zum Beispiel einen Rabatt aufs Halbtax und fürs SBB Restaurant. Gegen einen Aufpreis von 20 Franken gilt die Tageskarte auch in der 1. Klasse. Achtung: Nur solange der Vorrat reicht; Umtausch und Erstattung ausgeschlossen. [Mehr Infos]

„Veganuary“ im DB Bordrestaurant

Neben einem alkoholfreien Januar liegt auch vegane Ernährung zum Jahresanfang voll im Trend – der „Veganuary“. Ob man komplett auf Tierprodukte verzichtet oder seinen Konsum nur reduziert, spielt dabei keine Rolle. Die Deutsche Bahn beteiligt sich an der Aktion und bietet noch bis Ende des Monats drei Speisewagen-Klassiker in einer veganen Variante an: Flammkuchen, Chili con Carne (was so zum Chili sin Carne wird) und die Currywurst. Besonders löblich: Alle veganen Gerichte gibt es zum gleichen Preise wie ihre tierischen Vorbilder. [Mehr Infos]