Zugpost November 2021

Hoffnung für Spaniens Nachtzüge, Start des Klimatickets in Österreich und ein Film mit Kult-Potential. Die Premieren-Ausgabe der Zugpost.

Zugpost November 2021
Kultfilm-Potential: In „Abteil Nr. 6“ reisen Laura und Ljoha im Nachtzug nach Murmansk. Foto: Festival de Cannes

Hallo Zugfans 👋

Als ich aus einer Laune heraus auf Twitter fragte, ob es Interesse an einem Newsletter rund um das Thema Zugreisen gibt, war die Antwort klar: Es hagelte nur so „Gefällt mir“, dazu Dutzende positive Replies.

Ein Newsletter also. Zugegeben: Lange klang das für mich nach 90er-Jahren und quietschendem Modem. Nun aber habe ich gelernt, dass es auch 2021 noch einen dafür Platz gibt. Der beste Beweis seid ihr: Ohne zu wissen, was euch genau erwartet, haben sich 371 von euch in den Verteiler eingetragen. Ein großes Dankeschön dafür!

Hier ist sie nun, die erste Ausgabe der Zugpost. Und ich muss sagen: Die Recherche dazu hat richtig Spaß gemacht. Die Themen zu finden und in einer mittleren Länge aufzubereiten – irgendwo zwischen Tweet und Blogartikel – war eine schöne Herausforderung.

Ob mir das gelungen ist? Das müsst ihr entscheiden. Ich freue mich über euer Feedback, ob per E-Mail oder in den sozialen Netzwerken!

Viel Spaß beim Lesen wünscht

Sebastian

Kehrtwende beim Nachtzug in Spanien und Portugal?

Auf der iberischen Halbinsel sah es für den Nachtzug zuletzt sehr düster aus. Mit Beginn der Pandemie hatte die spanische RENFE ihre letzten Verbindungen eingestellt, Schlaf- und Liegewagen wurden entweder verkauft oder in Sitzwagen für den Tagverkehr umgewandelt. Betroffen war davon auch der legendäre Nachtzug nach Lissabon, der von der RENFE zusammen mit der portugiesischen CP betrieben wurde. Portugal ist damit seit Frühjahr 2020 praktisch vom europäischen Zugverkehr abgeschnitten.

Doch nun scheint sich das Blatt zu wenden. Wie das Portal El Periódico de España berichtet, plant Spaniens Regierung offenbar, 210 Millionen Euro in den Nachtzug zu investieren. Davon sollen diese fünf Strecken innerhalb Spaniens sowie nach Portugal und Frankreich eingerichtet werden:

  • Madrid–Galicien
  • Barcelona–Galicien
  • Madrid–Lissabon (Portugal)
  • Madrid–Barcelona–Paris (Frankreich)
  • Algeciras–Cerbere (Frankreich)

Die Pläne gehen zurück auf eine Forderung der Partei Más País, die 2019 erstmals in das spanische Abgeordnetenhaus eingezogen war. Völlig offen ist derzeit noch, zu welchem Zeitpunkt die Nachtzüge in Betrieb gehen könnten und wer sie mit welchem Wagenmaterial betreibt.

Nightjet nach Paris vor dem Start

Fast schon traditionell binden die ÖBB zum Fahrplanwechsel eine neue europäische Hauptstadt an ihr Nightjet-Netz an. In diesem Jahr ist es Paris, das ab dem 13. Dezember dreimal wöchentlich über Nacht mit Wien verbunden wird. Wie Bilder auf Twitter zeigen, hat sich der erste Nightjet tatsächlich aber schon vor ein paar Tagen auf den Weg an die Seine gemacht. Die Testfahrt diente Schulungszwecken und dem Kennenlernen der Abläufe.

Der Nightjet nach Paris hält unter anderem auch in München, Karlsruhe und Straßburg. Die Abfahrts- bzw. Ankunftszeiten an diesen Stationen sind jedoch alles anderes als optimal – jedenfalls solange man keine Nachteule oder ausgeprägter Frühaufsteher ist. Warum das so ist und was es sonst noch Wissenswertes über die 1300 Kilometer lange Nachtzugstrecke nach Frankreich gibt, haben wir auf Train Tracks für euch zusammengestellt.

Speisewagen und Corona: Das sind die aktuellen Regelungen

Während andere Länder langsam ins postpandemische Zeitalter übergehen, ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz das Coronavirus mit voller Wucht zurück. Das hat auch Auswirkungen auf die Speisewagen und Bordbistros. Hier sind die aktuell gültigen Regelungen.

Deutschland: In der Bordgastronomie der Deutschen Bahn gilt die „2G-Regel“. Zutritt haben also nur Reisende, die entweder vollständig geimpft oder genesen sind. Die dafür nötigen Nachweise sind mitzuführen und werden vom Zugteam überprüft. Darüber hinaus gilt die Verpflichtung zum Tragen einer medizinischen Maske auch im Speisewagen. Die Maske darf nur kurz zum Essen oder Trinken abgelegt werden.

Österreich: Seit dem 8. November gelten in Österreich verschärfte Corona-Maßnahmen mit 2G-Regel in Restaurants, Cafés und Bars. Davon ausgenommen: der Speisewagen. Ähnliche Ausnahmen für die Bordgastronomie galten bereits in früheren Pandemiewellen. Die ÖBB verweisen lediglich auf die Gästeregistrierung beim Verzehr am Tisch sowie die allgemeinen Hygieneregeln, sprich Maske und Abstand.

Schweiz: Die Restaurants der SBB können seit dem 17. September nur mit einem gültigen Covid-Zertifikat besucht werden. Ein Covid-Zertifikat erhalten Personen, die geimpft, genesen oder getestet sind. Praktisch handelt es sich also um eine 3G-Regel. Ein negativer Test darf höchsten 72 Stunden (PCR-Test) bzw. 48 Stunden (Antigen-Schnelltest) alt sein.

Österreich: Klimaticket erfolgreich gestartet

Wie groß das Bedürfnis nach autofreier Mobilität ist, kann man derzeit in Österreich erleben. Hier gibt es seit dem 26. Oktober das Klimaticket zu kaufen, eine Jahreskarte für alle öffentlichen Verkehrsmittel im ganzen Land. Regulär kostet die Mobilitäts-Flatrate 1.095 Euro, ermäßigt sogar nur 821 Euro.

Schon jetzt ist klar: Das Klimaticket ist ein riesiger Erfolg. In nur wenigen Tagen ging es mehr als 100.000 Mal über den Tresen, an den Verkaufsstellen bildeten sich zum Teil lange Schlangen. Das freut auch Verkehrsministerin Leonore Gewessler, eine der treibenden Kräfte hinter dem neuen Angebot. „Das Klimaticket ist eine Revolution im Öffentlichen Verkehr und bei den Menschen beliebt“, schreibt sie auf Twitter.

Ein Ticket für 3 Euro am Tag, was den Zug von Innsbruck nach Wien ebenso abdeckt wie die U-Bahn zum Praterstern und den Bus nach Enzersfeld? Das versetzt selbst die Amerikaner von CNN in Staunen.

Schweden: Entgleisung stoppt Zugverkehr auf Erzbahn

Am Morgen des 7. November ist nördlich von Gällivare ein 8.000 Tonnen schwerer Erzzug entgleist. Insgesamt 38 Wagen sprangen aus den Schienen und verkeilten sich stark ineinander. Menschen kamen nicht zu Schaden. Der Zugverkehr auf der eingleisigen Erzbahn ist seither im Abschnitt Gällivare–Kiruna unterbrochen. Betroffen sind davon auch Personenzüge wie der Nachtzug von Stockholm ins norwegische Narvik. Ein Ersatzverkehr mit Bussen ist eingerichtet.

Wie das Polarkreisportal berichtet, könnte der Zugverkehr am 17. November wieder aufgenommen werden. Der Unglücksort liegt kilometerweit von der nächsten Straße entfernt. Weiterhin erschwert werden die Bergungsarbeiten von den winterlichen Bedingungen, die in Nordschweden bereits vorherrschen. Eindrückliche Aufnahmen von der Unglücksstelle gibt es hier und hier von Anders Lindberg, Pressechef der LKAB. Der Bergbaukonzern fungiert mit einer Tochterfirma als Betreiber der Erzzüge.

Über die Unglücksursache ist derzeit noch nichts bekannt. Vertreter von LKAB sowie der Verkehrsbehörde Trafikverket, zuständig für den Zustand der Gleise, sind vor Ort. Auch die staatliche Havariekommission ermittelt. Dabei geht es vor allem um viel Geld – für die LKAB, die ihr Eisenerz nicht mehr zum Hafen von Narvik abtransportieren kann, entsteht täglich ein Millionenschaden. Wie SVT Nyheter berichtet, hatte Trafikverket bereits im vergangenen Jahr auf die Gefahr von Entgleisungen hingewiesen.

Mit dem Nachtzug in den Skiurlaub

Apropos winterliches Schweden: Habt ihr schon gewusst, dass man von Hamburg aus ganz bequem und mit nur zwei Umstiegen zu den vom Ski-Weltcup bekannten Pisten von Åre kommt? Möglich macht das der Winter-Nachtzug von Snälltåget, der auch in der kommenden Skisaison wieder Malmö mit den Fjällen Jämtlands verbindet.

Diese und viele weitere Möglichkeiten, mit dem Nachtzug ins Skigebiet zu reisen, findet ihr im aktualisierten Artikel auf Train Tracks. Darin erfahrt ihr, warum man mit der Anreise im Zug einen großen Schritt in Richtung nachhaltiger Skiurlaub machen kann. Und natürlich kommen auch die klassischen Ski-Destinationen in den Alpen nicht zu kurz – mit dem „Nightjet zum Schnee“ und „Snow’n’Rail“ haben ÖBB und SBB spannende Angebote am Start.

Filmtipp: Compartment No. 6

Züge im Allgemeinen und Nachtzüge im Speziellen haben immer wieder die Fantasie von Filmemachern angeregt. Wer erinnert sich nicht an James Bond, der sich schon durch manches Nachtzugabteil geprügelt hat? Oder an Cary Grant, der in „Der unsichtbare Dritte“ mit seiner Filmpartnerin in die Kissen des Schlafwagens sinkt?

Das neueste Werk aus der Sparte der Nachtzug-Filme kommt aus Nordosteuropa und heißt „Compartment No. 6“. Darin geht es um Laura, eine Studentin aus Finnland, und den russischen Minenarbeiter Vadim, die sich im Nachtzug nach Murmansk begegnen. Regisseur Juho Kuosmanen inszeniert die Geschichte des ungleichen Paares mit tollen Aufnahmen aus der Welt der russischen Nachtzüge und dem winterlichen Karelien. Der Film ist eine russisch-finnische Koproduktion unter Beteiligung von ARTE und des Saarländischen Rundfunks.

Compartment No. 6 hat in der europäischen Filmszene schon für einiges an Aufsehen gesorgt und – für viele überraschend – bei den Filmfestspielen von Cannes den Großen Preis der Jury abgeräumt. Der Film ist bereits in einzelnen Kinos in Österreich und der Schweiz zu sehen. Ein offizieller Starttermin in Deutschland ist noch nicht bekannt. Haltet also die Augen offen!

Kurzstrecke

Updates, News und Fundstücke – alles, was sich sonst noch im letzten Monat auf und neben Europas Gleisen getan hat, in der Kurzstrecke.

Tagesthemen fahren Nachtzug

Die Tagesthemen haben eine Familie im Nightjet von Wien nach Aachen begleitet. Während Papa noch ein wenig mit dem Preis hadert, haben die Kids sichtlich großen Spaß am Abenteuer Nachtzug. [Beitrag ansehen]

Nachtzug Kiew–Warschau zurück

Nach langer Corona-Pause wird der Nachtzug 67/68 zwischen Kiew und Warschau seit dem 4. November wieder angeboten. Der Zug verlässt Kiew um 18:48 Uhr und erreicht Warschau um 09:02 Uhr. Von Warschau fährt er um 17:10 Uhr ab und erreicht Kiew um 11:00 Uhr. [Infos auf Ukrainisch]

Zug statt Flug

Greenpeace hat die 250 beliebtesten Flugverbindungen in Europa unter die Lupe genommen. Es zeigt sich: Bereits heute könnte ein knappes Drittel davon problemlos durch eine Zugfahrt von unter sechs Stunden ersetzt werden. Für weitere 15 Prozent bestehen direkte Nachtzug-Verbindungen. [Zum Report]

Tool visualisiert Direktverbindungen

Wie weit kann ich von meinem Bahnhof ohne Umsteigen mit dem Zug fahren? Diese Frage beantwortet das Open-Source-Projekt „Bahn-Guru“ mit einem neuen Tool. Alle Direktverbindungen werden übersichtlich auf einer Karte dargestellt. Das funktioniert nicht nur für Deutschland, sondern auch für Stationen im Ausland. Unbedingt ausprobieren! [Zum Tool]

Jaroslav Rudiš bei Radio Eins

Binnen kürzester Zeit ist die „Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen“ von Jaroslav Rudiš unter Eisenbahnfans Zeit zum Kultbuch avanciert. In einem kurzweiligen Gespräch auf Radio Eins stellte der tschechische Autor sein Werk vor und gab zwei Kapitel daraus zum besten. [Zum Interview]

DB feiert 50 Jahre Intercity

Im September 1971 führte die Deutsche Bahn den Intercity ein – und damit auch den Taktfahrplan im Fernverkehr. 1979 wurde der Zweistunden- zum Stundentakt, und auch Wagen der 2. Klasse kamen hinzu. Die DB feiert das einstige Premium-Produkt mit einem Website-Special und unter dem Hashtag #50JahreIC in den sozialen Medien. [Inside Bahn: 50 Jahre Intercity]

Fotowettbewerb der Slowakischen Bahn

Fotofreunde aufgepasst: Die slowakische ZSSK startet einen Wettbewerb für Zugfotos. Alle 2 Monate gibt es ein neues Thema, los geht es mit "Herbstlandschaft". Die Gewinner erhalten einen Reisegutschein für 5 990 Bahn-Kilometer in der Slowakei. [Zum Wettbewerb]