Nachtzüge 2020: Was bringt der neue Fahrplan?

Am 15. Dezember 2019 ist es wieder so weit: Fahrplanwechsel in Europa! Was bedeutet das für den Nachtzug? Die Zugpost blickt wie immer auf die wichtigsten Änderungen.

Nachtzüge 2020: Was bringt der neue Fahrplan?
Foto: Juliane Koch/pixabay

Ein turbulentes Jahr geht zu Ende. Die Art, wie wir reisen, ist plötzlich ein gesellschaftliches Thema. Begriffe wie „Flugscham“ und „Zugstolz“ machen die Runde. Und verhelfen einem alten Bekannten zum Comeback: dem Nachtzug. Abends in München einschlafen, morgens in Rom aufwachen – wer so reist, spart nicht nur Zeit und Nerven, sondern schont auch das Klima. Keine Überraschung also, dass immer mehr Menschen einsteigen. Nachhaltig durch Europa? Ohne den Nachtzug ist das nicht zu machen.

Wenn am 15. Dezember 2019 der neue Fahrplan in Kraft tritt, versuchen Europas Bahnen viel, um den Nachtzug zu stärken. So sind es fast nur gute Nachrichten, die wir in unserem alljährlichen Ausblick vermelden können. Zum Beispiel ein neuer Nachtzug nach Belgien. Oder eine bessere Anbindung nach Schweden. Und auch für Interrailer wird das Leben deutlich leichter.

Diese und viele weitere Neuerungen zum Jahresfahrplan 2020 findet ihr in der folgenden Übersicht.

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Bitte beachten: Der Artikel stellt die Situation im Fahrplan 2020 dar und ist nicht mehr aktuell.

ÖBB starten Nachtzug nach Brüssel

Die Überraschung des Jahres kommt einmal mehr aus Wien: Im Oktober deutete ÖBB-Chef Andreas Matthä in einem Interview an, dass die Österreicher einen Nightjet nach Brüssel planen – und das bereits ab Januar 2020. Seit der Bilanz-Pressekonferenz vor einigen Wochen ist nun klar, dass der Nachzug nach Brüssel tatsächlich kommt. Er wird aus zwei Zugteilen bestehen: Wien–Brüssel sowie Innsbruck–Brüssel mit Zwischenhalt in München.

Los geht es mit dem Nightjet am 19. Januar 2020 ab Wien/Innsbruck und am 20. Januar 2020 ab Brüssel. Einen Haken hat die Sache allerdings: Vorerst wird die neue Verbindung nur zweimal in der Woche angeboten. Grund ist, dass der Brüssel-Nightjet sich eine Wagengarnitur mit dem Nachtzug nach Düsseldorf teilen muss. Das wiederum ist dem chronischen Wagenmangel geschuldet, der noch bis zur Auslieferung der neuen Nightjet-Züge ab 2022 andauern wird. Mehr zum Nachtzug nach Brüssel findet ihr hier.

Nightjet: Ticket-Preise steigen

Die ÖBB erhöhen zum Fahrplanwechsel die Preise für einige Nachtzüge in Deutschland. Das betrifft zunächst die Nightjets auf der Achse von Wien/Innsbruck nach Hamburg/Düsseldorf/Brüssel. Hier wird die einfache Fahrt im Schlafwagen in allen Komfort-Kategorien um 20 Euro teurer. Das gilt sowohl für den Normalpreis als auch für die Sparschiene-Angebote.

Preis-Beispiel: Der günstigste Sparschiene-Tarif für eine Fahrt von München nach Hamburg im 3-Bett-Abteil wird von 69 auf 89,90 Euro erhöht – eine Steigerung von 30 Prozent. Eine Tabelle mit den neuen Fahrpreisen für alle Kategorien und Preisstufen gibt es auf der ÖBB-Website.

Bremen wird Nachtzug-Halt

Gute Nachrichten für den Nordwesten Deutschlands: Der ÖBB-Nightjet von Hamburg nach Zürich (NJ 401) wird im Fahrplan 2019/2020 über Bremen verkehren. Damit erhält die Metropolregion „Nordwest“ mit ihren 2,7 Millionen Einwohnern wieder direkten Anschluss an das Nachtzug-Netz. Bislang mussten Fahrgäste aus Bremen, Oldenburg oder Bremerhaven auf dem Weg in die Schweiz einen zusätzlichen Umstieg in Hannover einplanen.

Etwas überraschend wird damit bereits der zweite Vorschlag aus unserem Konzept für den Nightjet der Zukunft Realität. Der Grund für den Schlenker über Bremen ist allerdings ein pragmatischer: Die bisherige Trasse zwischen Hamburg und Hannover ist belegt. In Gegenrichtung wird der Nightjet Zürich–Hamburg (NJ 40470) wie gewohnt über Lüneburg geführt. Ob sich Bremen als Nachtzug-Halt etabliert, hänge von den Fahrgastzahlen ab, heißt es aus ÖBB-Kreisen.

Weil der Nightjet zwischen Hamburg und Zürich zu den beliebtesten überhaupt gehört, wird dieser außerdem im neuen Fahrplan seinen Wagenpark mit dem Berliner Zugteil tauschen. Zwischen Hansestadt und der Schweiz sind dann zwei statt nur ein Schlafwagen unterwegs. Gerade für Reisende aus Skandinavien, die den Zug gerne nutzen, sind das gute Nachrichten. Weniger erfreut hingegen ist man in der Hauptstadt: Der dann nur noch einzige Schlafwagen Berlin–Zürich dürfte künftig lange im Voraus ausgebucht sein.

Schweden: Schneller von Stockholm nach Hamburg

Keine Überraschung ist der Boom, den das Zugfahren gerade in Schweden erlebt – schließlich handelt es sich um das Heimatland von Greta Thunberg und den Ausgangspunkt der „Flugscham“-Bewegung. Gerade längere Reisen nach Mittel- und Südeuropa liegen im Trend. Die schwedische Bahn SJ versucht daher nach Kräften, die Verbindungen auf den Kontinent zu verbessern.

Wichtiger erster Schritt: Ab Fahrplanwechsel wird der Nachtzug Stockholm–Malmö auf seiner Fahrt nach Süden beschleunigt. Die Ankunft in Malmö ist künftig bereits um 05:59 Uhr – und damit früh genug, um über Kopenhagen den Anschluss an den ersten Zug des Tages nach Hamburg sicherzustellen. Wer Stockholm um 23 Uhr verlässt, kann so schon um 12 Uhr in Hamburg zu Mittag essen, zwei Stunden früher als bisher.

Snälltåget: Im Sommer täglich von Berlin nach Malmö

Der private Anbieter Snälltåget weitetet seinen Nachtzug-Verkehr auf der Strecke Berlin–Malmö deutlich aus. Das Highlight: In der Sommersaison vom 22. Juni wird 30. August 2020 wird der Berlin Night Express in beiden Richtungen täglich verkehren. Weitere Fahren gibt es zu Ostern, Christi Himmelfahrt und rund um das schwedische Mittsommerfest. Im Vergleich zu 2019 bietet Snälltåget insgesamt 150 Prozent mehr Fahrten an.

Möglich wird die Ausweitung durch den Zukauf gebrauchter Liegewagen, die derzeit generalüberholt und mit Klimaanlagen ausgerüstet werden. Damit ist der Nachtzug von Snälltåget auch weiterhin ohne bequeme Schlafwagen unterwegs. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, erlebt zwischen Sassnitz und Trelleborg ein seltenes Vergnügen: Der gesamte Zug wird auf eine Fähre verladen und in vierstündiger Fahrt über die Ostsee verschifft.

Norwegen: Go-Ahead übernimmt Nachtzug nach Stavanger

Zu einem Wechsel des Betreibers kommt es auf der norwegischen Sørlandsbane zwischen Oslo und Stavanger. Der Zugverkehr in die Stadt an der Westküste wird ab dem 15. Dezember von Go-Ahead durchgeführt. Das britische Unternehmen hat sich in der Ausschreibung gegen die norwegische Staatsbahn Vy (ehemals NSB) durchgesetzt. Betroffen ist davon auch der Nachtzug Oslo–Stavanger. Dieser wird auch weiterhin verkehren, jedoch mit der neuen Zugnummer 799/798. Gleich bleiben die Verkehrstage (Montag bis Freitag, Sonntag) sowie die Fahrplanlage.

Auch unter dem neuen Label wird der Nachtzug nach Stavanger einen Schlafwagen („Sove“) mit den bekannten 2-Bett-Abteilen führen. Leider lässt sich ein Platz im Schlafwagen derzeit nicht online buchen. Stattdessen verweist Go-Ahead auf den Kundenservice via E-Mail oder Telefon.

Polen: Neuer Nachtzug von Žilina nach Gdynia

Eine etwas kuriose neue Direktverbindung entsteht zwischen Polen und der Slowakei. Der Nachtzug „Rozewie“ der polnischen Eisenbahn (PKP) wird um einen Zugteil von Žilina nach Gdynia erweitert. Neben Sitzwagen führt die ganzjährig und täglich verkehrende Wagengruppe auch einen slowakischen Liegewagen. Ein Schlafwagen hingegen ist auf der neuen Verbindung nicht geplant.

Zwischen Žilina und dem südschlesischen Bielsko-Biała werden die Kurswagen auf einer bislang nicht durchgängig befahrenen Strecke über Čadca, Zwardoń und Żywiec verkehren. Die steile Bergstrecke durch die Beskiden gilt als landschaftlich reizvoll. Aufgrund der langen Gesamtfahrtzeit von über 14 Stunden wird dieser Streckenabschnitt zumindest im Sommerhalbjahr bei Tageslicht durchfahren. Der neue Nachtzug Žilina–Gdynia könnte sich so schon bald zur Kult-Verbindung unter Eisenbahnfreunden entwickeln.

Tschechien: Abschied vom „Bohemia“

Der EuroNight 444/445 „Bohemia“ zwischen Prag und Košice wird eingestellt. Seit vergangenem Jahr war der traditionsreiche Nachtzug nur noch saisonal unterwegs, nun erfolgt das endgültige Aus. Damit sind der tägliche EN 442/443 „Slovakia“ und der private RegioJet (nur Liegewagen) nunmehr die einzigen Nachtzüge zwischen Tschechien und der Ostslowakei.

Das weitere Nachtzug-Netz in Tschechien und der Slowakei bleibt dagegen stabil. Besonders erfreulich ist das Fortbestehen der beiden slowakischen Binnen-Nachtzüge Bratislava–Humenné (R 614/615 „Zemplín“) und Bratislava–Prešov (R 800/801 Poľana). Freunde der Eisenbahnromantik können sich hier weiterhin über Einsätze der beliebten Görlitzer Schlafwagen freuen. Auch die Kurswagen-Verbindung von Prag nach Prešov über die südslowakische Magistrale bleibt im Fahrplan 2019/2020 erhalten.

Russland: Täglich von Prag nach Moskau

Die russische Eisenbahn (RŽD) ordnet ihren Nachtzug-Verkehr nach Tschechien und Polen neu. Eingestellt werden die Traditionszüge „Vltava“ Prag–Moskau und „Polonez“ Warschau–Moskau, die zuletzt nur noch ein- und dreimal in der Woche verkehrten. Stattdessen gibt es neu eine tägliche Schlafwagen-Verbindung Prag–Warschau–Moskau. Die Kurswagen werden wie gewohnt über Brest und Minsk in Weißrussland geführt. Neben dem Visum für Russland ist damit auch weiterhin ein weißrussisches Transitvisum nötig.

Für Freunde der gepflegten Reisekultur bietet die neue Verbindung ein besonderes Schmankerl: Auf dem Weg nach Moskau hängen die Schlafwagen an Zügen mit zwei verschiedenen Speisewagen – zwischen Prag und Bohumín am IC 114/115 „Cracovia“ mit tschechischem Bistro und zwischen Bohumín und Terespol am EC 130/131 „Báthory“ mit einem Bordrestaurant der ungarischen Bahn. Tickets gibt es online bei der RŽD, sowie bei der tschechischen Bahn.

Mehr über Russlands Bahnfahrplan 2019/2020 erfahrt ihr bei unserem Kollegen Karsten vom Rhein-Wolga-Kanal.

Ukraine: Schneller von Berlin nach Lwiw

Deutlich schneller geht es ab 15. Dezember von Berlin nach Lemberg/Lwiw in der Ukraine. Möglich wird das, weil die ukrainische Bahn einen neuen Anschlusszug an die Kurswagen nach Przemyśl am Nachtzug „Metropol“ Berlin–Wien anbietet. Abfahrt von D 89 Przemyśl–Lwiw ist um 10:18 Uhr, Ankunft in Lwiw um 13:45 Uhr Ortszeit. Gleichzeitig werden die Kurswagen Berlin–Przemyśl um etwa eine Stunde beschleunigt. Sie erreichen Przemyśl künftig bereits um 08:38 Uhr, sodass der Übergang nach Lwiw solide 1:40 h beträgt.

Für Reisende nach Polen hat die Beschleunigung des Zugteils nach Przemyśl jedoch zwei Nachteile. Erstens: Den wichtigen Zwischenhalt Krakau erreichen die Kurswagen schon um 04:15 Uhr. Von einer bequemen Nachtverbindung von Berlin kann damit nicht mehr gesprochen werden. Zweitens: Weil es im Abschnitt zwischen Wrocław (Breslau) und Przemyśl zu einem Wechsel des polnischen Trägerzuges kommt, entfällt der Speisewagen.

Deutsche Bahn: Neue Nacht-ICs

Eine vorsichtige Rückkehr in Sachen Nachtzug vermeldet die Deutschen Bahn, die sich künftig im wahrsten Sinne an die ÖBB dranhängt: Auf den Strecken Hamburg–Zürich und Berlin–Zürich wird es neue Nacht-Intercitys geben, die im Verbund mit den Nightjets auf diesen Relationen verkehren. Wie bei anderen nächtlichen Verbindungen der DB handelt es sich dabei um ganz normale Intercity-Wagen, die sonst im Tagverkehr eingesetzt werden. Vorteil gegenüber den Sitzwagen im Nightjet: Eine Reservierung ist nicht nötig und alle DB-Angebote wie BahnCard 100 und Streckenzeitkarten gelten.

Ein weiterer neuer Nacht-IC wird auf der Strecke Warnemünde–Wien über Rostock, Berlin, Jena und Nürnberg ab März 2020 eingeführt. Zum Einsatz auf der neuen Linie kommen Fahrzeuge des Typs „Stadler KISS“, die auf diese Weise an ihr Heimatwerk in Wien angebunden werden sollen. Die DB hat die Doppelstock-Triebzüge von der österreichischen Westbahn für die neue Intercity-Linie von Dresden an die Ostsee erworben.

Interrail: Nachtzug-Nutzung wird einfacher

Für Interrailer wird die Nutzung von Nachtzügen ab dem Fahrplanwechsel deutlich einfacher. Möglich wird das, weil die ÖBB eine Online-Buchung des Aufpreises für Schlaf- und Liegewagen ermöglichen. Das gilt für alle Nightjets, aber auch weitere Nachtzüge, die in Kooperation mit den ÖBB betrieben werden, zum Beispiel Wien–Bukarest oder Wien–Lwiw. Die nötigen Reservierungen lassen sich damit künftig bequem von zu Hause oder unterwegs erledigen.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich auf dem Blog Train Tracks und ist bei der Zugpost archiviert.