Frankreich: Neue Nachtzüge nach Nizza und Tarbes

Der Nachtzug Paris–Nizza ist seit Mai 2021 zurück, eine neue Verbindung in die Pyrenäen soll im Dezember folgen. Alles über die aktuellen Ausbaupläne in Frankreich.

Frankreich: Neue Nachtzüge nach Nizza und Tarbes
Französischer Nachtzug am Bahnhof Paris-Austerlitz (Foto: Flickr / ice91prinzeugen)

Frankreich baut nach Jahrzehnten des Niedergangs sein Nachtzug-Netz wieder aus. Nach einer Pause von dreieinhalb Jahren ging der Nachtzug Paris–Nizza im Mai 2021 wieder in Betrieb. Die Einrichtung eines weiteren Nachtzuges nach Tarbes ist im Dezember 2021 geplant.

Den Stein ins Rollen brachte Staatspräsident Emmanuel Macron. „Wir werden die Nachtzüge neu entwickeln“, sagte Macron in seiner Ansprache zum Nationalfeiertag am 14. Juli 2020. Die Renaissance der Nachtzüge sei neben dem Ausbau des Güterzugverkehrs und der Reaktivierung von Bahnstrecken ein wichtiger Baustein in Frankreichs Mobilität der Zukunft. „Das spart Geld und reduziert den CO2-Ausstoß“, so der Präsident weiter.

Neben der reaktivierten Verbindung nach Nizza betreibt die französische Bahn SNCF derzeit noch zwei weitere Nachtzuglinien: von Paris nach Briançon, sowie von Paris nach Albi, Latour-de-Carol und Portbou.

Früher als geplant: Nachtzug Paris–Nizza kehrt zurück

Mit der Premierenfahrt am 20. Mai 2021 kehrte der Nachtzug Paris–Nizza sogar deutlich früher auf die Schiene zurück, als ursprünglich geplant. Mit an Bord war ein besonderer Fahrgast: Premierminister Jean Castex. Der Bahnliebhaber ließ es sich nicht nehmen, die Fahrgäste persönlich an Bord zu begrüßen, wie in einem Video auf YouTube zu sehen ist. „Einschlafen in Paris und aufwachen an der Côte d’Azur, dank France Relance ist das wieder möglich“, schrieb er später auf Twitter. Bei France Relance handelt es sich um das französische Corona-Konjunkturprogramm, welches auch mehrere Milliarden Investitionen in den Bahnsektor vorsieht.

Einschlafen in Paris und aufwachen an der Côte d’Azur, dank France Relance ist das wieder möglich – Jean Castex, französischer Premierminister

Zuvor war im Dezember 2017 mit der vorübergehenden Einstellung der traditionsreichen Verbindung nach Nizza der Tiefpunkt in Sachen Nachtzug in Frankreich erreicht. Maßgeblich verantwortlich für den Zerfall des Netzes: die französische Regierung. 2016 stellte sie die Subventionierung der Nachtzüge weitgehend ein. Und auch die staatliche SNCF behandelte ihre Intercités de nuit nur noch stiefmütterlich.

Nun also die Kehrtwende. Wenige Tage nach Macrons Rede konkretisierte Staatssekretär Jean-Baptiste Djebbari die Ausbaupläne. Neben Paris–Nizza soll demnach bis 2022 ein neuer Nachtzug nach Tarbes am Fuße der Pyrenäen eingerichtet werden. Frankreich ist damit nach Schweden, das neue Verbindungen nach Hamburg und Brüssel plant, das nächste Land, welches in den Ausbau der Nachtzüge investiert.

Nachtzug versus TGV

Als flächengrößtes Land der Europäischen Union ist Frankreich eigentlich prädestiniert für den Nachtzug. Noch bis in die frühen 2000er-Jahre durchzogen Dutzende nationale wie internationale Linien das Hexagon. Das Jahr 1981 gilt als Schicksalsjahr für den Nachtzug: Mit dem TGV kommt ein mächtiger Konkurrent auf Frankreichs Gleise. Der schnelle Zug verbindet viele Regionen in nur wenigen Stunden mit der Hauptstadt. Das Sterben der Nachtzüge beginnt, bis Ende 2017 nur noch die beiden Linien in die Alpen und ins Pyrenäenvorland übrig sind.

Dass es auch heute noch einen Markt für den Nachtzug in Frankreich gibt, davon ist die Initiative Oui au train de la nuit überzeugt. Gerade Verbindungen am Tagesrand oder Querverbindungen seien Fehlanzeige im TGV-Netz, Nachtzüge könnten hier eine ideale Ergänzung darstellen. Für ein tragfähiges Netz seien Investitionen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro nötig, rechnet Oui au train de la nuit in einer Studie vor. Davon ließen sich 15 neue Nachtzüge in Frankreich einrichten, sowie 15 internationale Linien in Kooperation mit anderen europäischen Bahnen.

In ein ähnliches Horn stößt auch Jean-Baptiste Djebbari. Auf Twitter wünscht er sich bis 2030 zehn oder mehr neue Nachtzüge – ob in die Bretagne, nach Straßburg oder international bis Barcelona, Madrid und Rom.

Paris–Nizza ist erst der Anfang. Mein Ziel: 10 oder mehr Nachtzüge bis 2030 – Jean-Baptiste Djebbari, Staatssekretär

Ob es tatsächlich so kommt, bleibt abzuwarten. Auch ist derzeit noch völlig offen, wie ein solches Netz praktisch realisiert werden soll – wie überall in Europa sind Schlaf- und Liegewagen auch in Frankreich Mangelware. In jedem Fall werden wir dich auf dem Laufenden halten, wie es in Sachen Nachtzug in Frankreich weiter geht.


Renaissance der Nachtzüge in Frankreich: Chronologie der Ereignisse

Die Rückkehr des Nachtzugs Paris–Nizza ist der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung, die sich in den letzten zwei Jahren abgezeichnet hat. Ein Überblick über die wichtigsten Ereignisse.

10. Dezember 2017
Mit der Einstellung des Nachtzugs Paris–Nizza erreicht das französische Nachtzugnetz einen historischen Tiefstand.

22. September 2018
Verkehrsministerin Élisabeth Borne fährt mit dem Nachtzug nach Briançon und verkündet: „Ja, Nachtzüge haben eine Zukunft!“ Der französische Staat investiert 30 Millionen Euro, um die Nachtzug-Flotte der SNCF zu renovieren.

18. Juni 2019
Die Nationalversammlung verabschiedet einen Gesetzesentwurf zur Mobilität der Zukunft („Loi d’orientation des mobilités“). Darin wird die Regierung aufgefordert, bis zum 30. Juni 2020 einen Bericht über die Wiederbelebung von Nachtzügen vorzulegen. Verkehrsministerin Borne: „Ich unterstütze Nachtzüge voll und ganz.“

24. Dezember 2019
Das „Loi d’orientation des mobilités“ tritt in Kraft.

26. Januar 2020
Die Initiative Oui au train de nuit veröffentlicht eine umfangreiche Studie zur Zukunft des Nachtzugs in Frankreich. Darin werden Wege aufgezeigt, wie das Netz in den kommenden zehn Jahren ausgebaut werden kann.

30. Juni 2020
Die Coronakrise verzögert den Regierungsbericht zur Zukunft der Nachtzüge. Wie der Figaro berichtet, wird die Veröffentlichung auf Ende des Sommers verschoben.

14. Juli 2020
In seiner Fernsehansprache zum Nationalfeiertag kündigt Emmanuel Macron die Renaissance der Nachtzüge in Frankreich an.

23. Juli 2020
Jean-Baptiste Djebbari, Staatssekretär im Verkehrsministerium, nennt im Interview auf France Info konkrete Pläne für den Ausbau des Nachtzugverkehrs. Mit Paris–Nizza und Paris–Tarbes sollen bis 2022 zwei neue Nachtzüge eingerichtet werden.

6. Februar 2021
Nun geht es plötzlich ganz schnell: Der Nachtzug Paris–Nizza taucht im Fahrplan auf, losgehen soll es bereits am 16. April. Später wird der Start coronabedingt auf den 20. Mai verschoben.

25. Februar 2021
Die SNCF beginnt mit dem Ticketverkauf für Paris–Nizza. Sitzplätze gibt es bereits ab 19 Euro, einen Platz im Liegewagen ab 29 Euro.

20. Mai 2021
Nach dreieinhalb Jahren macht sich der erste Nachtzug von Paris nach Nizza auf die Reise. Der Nachtzug Paris–Nizza verkehrt im Sommer täglich, anschließend zu Ferienzeiten und an einzelnen Tagen.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf dem Blog Train Tracks und ist bei der Zugpost archiviert.