5: Europas Bahnen helfen der Ukraine
Der Krieg in der Ukraine ändert alles, auch die Zugpost. In dieser besonderen Ausgabe lest ihr, wie Europas Eisenbahnen den Menschen vor Ort helfen und was ihr tun könnt.
Hallo Zugfans 👋
Angesichts des schrecklichen Krieges in der Ukraine fällt es schwer, an Zugreisen zu denken. Auf der anderen Seite sind es gerade die Eisenbahnen und ihre Menschen, die Unglaubliches leisten, um den Opfern dieses Krieges zu helfen.
Um das, was Europas Bahnen binnen kürzester Zeit für die Ukraine auf die Beine gestellt haben, soll es in dieser Ausgabe der Zugpost gehen. Zum Schluss geht der Blick aber auch noch auf Themen, die dieser Tage ganz klein erscheinen. Denn eines Tages wollen wir wieder mit Freude in den Zug steigen – natürlich und vor allem auch in die Ukraine.
Eine informative Lektüre wünscht
Sebastian
Krieg in der Ukraine: Europas Bahnen helfen
Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine rollt eine nie gekannte Welle der Solidarität durch Europa. Mittendrin sind die Eisenbahnen, die nicht nur Hilfsgüter ins Land bringen, sondern bereits Millionen von Menschen aus der Ukraine in Sicherheit gebracht haben. Gerade in dieser schweren Stunde zeigt sich: Schienenwege sind Europas Lebensader.
Das Folgende ist ein Versuch, die überwältigende Menge an Aktivitäten der betroffenen Bahnen zusammenzufassen und zu würdigen.
Ukraine
Der größte Respekt überhaupt gebührt den über 230.000 tapferen Eisenbahner:innen der ukrainischen Staatsbahn Ukrsalisnyzja (UZ). Unter schwersten Bedingungen gelingt es ihnen, große Teiles des Zugverkehrs in der Ukraine aufrecht zu erhalten. Und das, obwohl Gleise und Brücken immer wieder von russischen Truppen angegriffen werden.
Auf einer eigens eingerichteten Website berichtet die UZ tagesaktuell über Evakuierungszüge in die Nachbarländer Polen, Slowakei, Ungarn und Rumänien sowie nach Österreich. Dargestellt ist auch der Status der Bahnhöfe im ukrainischen Eisenbahnnetz. Aktuell sind bis auf die Gefechtsgebiete im Nordosten und Südosten des Landes fast alle in Betrieb.
Seit Beginn des Krieges hat die UZ bereits 2,5 Millionen Menschen zur sicheren Flucht verholfen. Wie UZ-Chef Oleksandr Kamyshin berichtet, sind dabei leider bereits über dreißig seiner Mitarbeiter:innen ums Leben gekommen. Auch Kamyshin selbst – gerade einmal 37 Jahre alt und eigentlich als Modernisierer zur UZ gekommen – lebt in ständiger Gefahr. Die Arbeit von ihm und seinem Krisenstab wird in dieser Reportage der BBC eindrücklich geschildert.
Polen
Das mit Abstand wichtigste Ziel für Geflüchtete aus der Ukraine ist Polen. Seit dem russischen Angriff sind bereits 1,8 Millionen Menschen in das westliche Nachbarland geflohen. Zum Drehkreuz ist dabei das südostpolnische Przemyśl nahe der ukrainischen Grenze geworden. Am Bahnhof der 60.000-Einwohnerstadt kommen täglich Zehntausende mit Zügen aus Kiew, Lwiw und Odessa an. Die Helfenden vor Ort, die zumeist aus privater Initiative handeln, leisten Herausragendes.
Während einige Ukrainer:innen in Polen bleiben, geht es für viele noch weiter, zum Beispiel nach Berlin. Dorthin fährt täglich ein direkter Eurocity von Przemyśl, daneben gibt es mehrere Umsteigeverbindungen über Warschau. Die EC-Züge verkehren mit zusätzlichen Wagen, zum Teil wurde das Sitzplatzangebot verdoppelt. Wie die Polnische Staatsbahn PKP in der vergangenen Woche mitteilte, ist die Fahrt für Geflüchtete auf den Strecken zwischen Polen und Deutschland kostenlos.
Da der Grenzbahnhof bei Frankfurt (Oder) schon vor dem Krieg überlastet war, wird versucht einen Teil der Menschen über Forst und Cottbus nach Berlin zu bringen. Der Kulturzug, der sonst am Wochenende mit Tourist:innen von Berlin nach Breslau und zurück zuckelt, verkehrt nun als Friedenszug täglich zwischen beiden Städten.
Mit ganz anderen Problemen hatte die PKP am Morgen des 17. März zu kämpfen: Großflächige Computer-Probleme in Leitzentralen führten in weiten Teilen Polens zu Zugausfällen und Verspätungen. Betroffen waren Systeme des Herstellers Alstom, welcher erst kürzlich die Einstellung seiner Geschäftsbeziehungen mit Russland verkündet hatte. Schnell kamen erste Gerüchte auf, es könne sich um eine russische Cyberattacke handeln. Doch wenig später gab Alstom Entwarnung: Es habe sich um einen vergleichsweise harmlosen Systemfehler gehandelt, nicht um einen Angriff. Ein Beispiel, das zeigt, wie wichtig es gerade in diesen Zeiten ist, kühlen Kopf zu bewahren und sorgsam die Fakten zu prüfen.
Deutschland
Bisher haben knapp 200.000 Geflüchtete Deutschland erreicht, und es werden täglich mehr. Die wichtigste Hilfe findet derzeit am Berliner Hauptbahnhof statt, wo sich nach chaotischen ersten Tagen mit vor allem freiwilligen Helfer:innen die Lage stabilisiert und professionalisiert hat. Von Berlin aus werden die Menschen weiter verteilt, eine wichtige Rolle spielt dabei die Deutsche Bahn.
Personen aus der Ukraine können kostenlos und ohne weitere Fahrkarte bis Berlin, Dresden, Nürnberg und München mit DB-Zügen fahren, dazu müssen sie lediglich einen ukrainischen Pass oder Aufenthaltsnachweis vorlegen. Für Reisen, die über diese Ziele hinaus gehen, gibt es im DB Reisezentrum oder in einer DB Agentur ein kostenloses „helpukraine“-Ticket für eine einfache Fahrt in der 2. Klasse.
Eine „Schienenbrücke“ für Hilfsgüter in die Ukraine haben DB Cargo und DB Schenker gemeinsam eingerichtet. Am Freitag, den 11. März, hat sich ein erster Zug mit 15 Containern vom Rangierbahnhof Seddin über Krakau in Richtung Kiew auf den Weg gemacht. An Bord waren Güter wie Lebensmittel, warme Kleidung und medizinische Produkte.
Über weitere Aktivitäten informiert die DB in einem Presseblog.
Österreich
Auch die ÖBB bieten Geflüchteten aus der Ukraine kostenloses Zugfahren in ganz Österreich an. Das „Not-Ticket Ukraine“ gibt es entweder direkt im Zug oder bei den ÖBB Ticketschaltern in den Bahnhöfen. Menschen aus der Ukraine, die am Wiener Hauptbahnhof ankommen, werden an einer Hilfsstation der Caritas versorgt. Die ÖBB stellen außerdem Platz für 100 weitere Personen in ihrer Lounge zur Verfügung.
Die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel in Wien ist mit ukrainischem Reisedokument derzeit kostenlos. Weitere Informationen für Geflüchtete haben die ÖBB auf einer eigenen Website zusammengestellt.
Schweiz
Ob es an der relativ großen Entfernung zur Ukraine oder der traditionellen Neutralität liegt – aus der Schweiz kommen verhältnismäßig wenige Nachrichten in Sachen Ukraine-Hilfe. Auch eine zentrale Anlaufstelle auf dem Webseiten der SBB fehlt bislang. So hat sich die Information, dass Geflüchtete aus der Ukraine auch in der Schweiz öffentliche Verkehrsmittel kostenlos nutzen können, noch kaum verbreitet.
Praktische Hilfe gibt es aber durchaus. SBB Cargo hat beispielsweise einen Transport von Hilfsgütern an die polnisch-ukrainische Grenze organisiert und übernommen. Außerdem stellt die SBB zusätzliche Sitzwagen für die Nachtzüge Budapest–Zürich und Berlin–Zürich zur Verfügung. Damit soll den 5000 Geflüchteten, die sich bisher in der Schweiz registriert haben, die Anreise vereinfacht werden.
Tschechien
Auch wenn Tschechien kein direktes Nachbarland der Ukraine ist, zeigt sich die tschechische Bahn České dráhy (ČD) sehr engagiert in der Ukraine-Hilfe. Bereits am 25. Februar schickte die ČD einen Zug mit Hilfsgütern an die polnisch-ukrainische Grenze nach Przemyśl und nahm auf der Rückfahrt ukrainische Geflüchtete mit in Richtung Prag.
In der Folge gab es viele weitere Züge an die ukrainische Grenze und sogar darüber hinaus: Zwischen dem 28. Februar und 6. März sind insgesamt 7 Züge der ČD über die Slowakei nach Tschop im äußersten Südwesten der Ukraine gefahren. Sie brachten Hilfsgüter ins Land und verhalfen 3700 Menschen, vorwiegend Frauen und Kindern, zur Flucht nach Tschechien.
Mehr Infos zu den Hilfsaktionen der ČD gibt es auf dieser Seite.
Slowakei
Anders als die tschechische Bahn unterhielt die slowakische ZSSK vor dem Krieg eine direkte Zugverbindung in die Ukraine, und zwar von Košice über Tschop nach Mukatschewo. Diese wurde noch am Tag der russischen Invasion eingestellt – wegen eines „außergewöhnlichen Ereignisses im Nachbarland“, wie es damals hieß. Es war einer der ersten Momente, in dem klar wurde: hier passiert gerade etwas Furchtbares, was Auswirkungen auf ganz Europa haben wird.
Bereits einen Tag später, am 25. Februar, hat die ZSSK Staatsbürger:innen der Ukraine kostenloses Reisen in ihren Zügen zugesichert und die Menschen in der Slowakei um Solidarität und ganz praktische Hilfe gebeten.
Seitdem fährt die ZSSK immer wieder Evakuierungs- und Hilfsgüterzüge, die über die slowakisch-ukrainische Grenze gehen oder Geflüchtete aus dem Osten der Slowakei in andere Landesteile sowie die Nachbarländer Tschechien, Ungarn und Österreich bringen. Über die aktuellen Ereignisse und Sonderzüge informiert die ZSSK auf einer eigenen Webseite.
Ungarn
Auch die ungarische MÁV fährt Evakuierungszüge an die ukrainische Grenze. In einem Thread auf Twitter ist ein Zug mit 12 Wagen zu sehen, der Menschen aus Záhony im Dreiländereck Ungarn-Ukraine-Slowakei zum Bahnhof Budapest Nyugati brachte. Viele Geflüchtete, vor allem aus Richtung Rumänien, kommen auch am Bahnhof Keleti an, wo Hilfsorganisationen und Freiwillige vor Ort sind.
Zwischen den beiden großen Bahnhöfen Keleti und Nyugati wurde zudem ein Shuttleservice mit Bussen eingerichtet, um die Weiterreise, zum Beispiel nach Tschechien oder Deutschland, zu vereinfachen. Aufgrund seiner repressiven Politik, nicht zuletzt gegenüber Geflüchteten, ist Ungarn für viele Ukrainer:innen nur Durchgangsstation.
Rumänien
Mit etwa 600 Kilometern hat kein EU-Staat eine so lange Grenze mit der Ukraine wie Rumänien. Rund 400.000 Menschen sind bislang aus der Ukraine ins südöstliche Nachbarland geflohen. Die Solidarität in Rumänien ist groß und die Menschen helfen mit viel Empathie. Der Zoll macht da keine Ausnahme, die EU-Außengrenze steht den Flüchtenden faktisch offen.
Auch die rumänische Bahn CFR hilft und hat ein „Help Ukraine Ticket“ für Geflüchtete aufgelegt. Personen mit ukrainischen Reisedokument reisen damit kostenlos in der 2. Klasse in Regio- und Interregio-Zügen. Mit dem Ticket ist außerdem eine internationale Fahrt in folgende Länder möglich: Ungarn, Österreich, Deutschland, Schweiz, Slowakei und Tschechien.
So könnt ihr den Menschen in der Ukraine helfen
Ihr möchtet den Menschen in der Ukraine helfen, aber wisst nicht genau, wie? Hier kommen ein paar Anregungen.
Die einfachste, schnellste und effektivste Möglichkeit sind nach wie vor Geldspenden. Hilfsorganisationen betonen, dass sie Geld viel gezielter und kurzfristiger einsetzen können als Sachspenden. Außerdem lassen sich damit Hilfsgüter vor Ort kaufen, was letztendlich der Wirtschaft im Krisengebiet zu Gute kommt. Zu den wichtigsten Spendenkonten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zählen:
„Bündnis Entwicklung Hilft“ und „Aktion Deutschland Hilft“
IBAN: DE53 200 400 600 200 400 600
BIC: COBADEFFXXX
Stichwort: Nothilfe Ukraine
spendenkonto-nothilfe.de
Aktionsbündnis Katastrophenhilfe
IBAN: DE65 100 400 600 100 400 600
BIC: COBADEFFXXX
Stichwort: Nothilfe Ukraine
aktionsbuendnis-katastrophenhilfe.de
Caritas Österreich
IBAN: AT23 2011 1000 0123 4560
BIC: GIBAATWWXXX
Stichwort: Soforthilfe Ukraine
caritas.at
Caritas Schweiz
IBAN: CH69 0900 0000 6000 7000 4
Stichwort: Nothilfe Ukraine
caritas.ch
Mehr Infos und weitere Spendenmöglichkeiten gibt es bei ARD und ZDF (Deutschland), dem Standard (Österreich) und Watson (Schweiz).
Wer dennoch lieber Sachspenden geben möchte, wird gebeten, sich vorher bei den Hilfsorganisationen wie Caritas, Diakonie und Rotes Kreuz über den täglich wechselnden Bedarf zu informieren. Oberbekleidung wird beispielsweise aufgrund einer wahren Spendenflut momentan nicht mehr angenommen, stattdessen mangelt es an praktischen Dingen wie Handtüchern, haltbaren Lebensmitteln oder Ladekabeln.
Wer Geflüchtete aus der Ukraine in seiner Wohnung in Deutschland aufnehmen möchte, findet auf der Plattform #Unterkunft Ukraine viele hilfreiche Informationen und kann sich direkt als Gastgebender registrieren. Ähnliche Angebote gibt es auch in Österreich und der Schweiz. Auskünfte erteilen außerdem die städtischen und kommunalen Verwaltungen.
Allegro von St. Petersburg–Helsinki: Russlands letzte Verbindung mit der EU
Eines darf in diesen Zeiten nicht vergessen werden: Auch in Russland sind viele Menschen Opfer des Putin-Regimes und haben diesen Krieg nie gewollt. Nach der Einstellung des Flugverkehrs ist der Schnellzug „Allegro“ von St. Petersburg nach Helsinki eine der letzten Möglichkeiten, das Land in Richtung EU zu verlassen.
Nach langer Corona-Pause war die finnisch-russische Zugverbindung erst zum Fahrplanwechsel im Dezember 2021 wieder aufgenommen worden. Fuhren die Züge in den ersten Monaten weitgehend leer über die Grenze, hat sich die Lage seit Ende Februar grundlegend geändert. Die Fahrten ab St. Petersburg sind nun lange im Voraus ausgebucht, die Züge voll mit Menschen, die Russland mit schwerem Gepäck verlassen.
Eine Fahrt im Allegro ist derzeit nur für finnische und russische Staatsangehörige möglich. Die Regelung geht von russischer Seite aus. Eine Corona-Schutzmaßnahme, heißt es offiziell.
Die finnische Bahn VR, die den Allegro gemeinsam mit der russischen RZD in einem Joint Venture betreibt, würde die Regel gerne kippen und den Zug für alle EU-Bürger:innen öffnen. Außerdem arbeitet sie darauf hin, die Anzahl der Fahrten von derzeit zwei pro Tag und Richtung zu erhöhen.
Der Allegro hat sich in den letzten Wochen zu einem regelrechten Medien-Phänomen entwickelt. Über den Zug berichteten unter anderem der Spiegel, die französische Le Monde und die New York Times.
Nachtzug Hamburg–Stockholm erst ab September?
Eigentlich hatten sich Europas Nachtzug-Fans den 27. Juni schon rot im Kalender angestrichen. Dann nämlich sollte der neue Nachtzug der schwedischen SJ zwischen Hamburg und Stockholm an den Start gehen. Doch nun sieht es so aus, dass sich die Premiere verzögern könnte: Übereinstimmend taucht der Zug in den Reiseauskünften von SJ und der Deutschen Bahn erst ab dem 1. September 2022 auf.
Der Nachtzug Hamburg–Stockholm geht zurück auf eine Ausschreibung der schwedischen Verkehrsbehörde Trafikverket. Die staatliche SJ erhielt den Zuschlag im vergangenen Jahr, sie wird den Zug unter dem Label „SJ EuroNight“ betreiben. Für die ebenfalls ausgeschriebene Verbindung Brüssel–Malmö über Köln fand sich hingegen kein Interessent.
Reisenden, die in diesem Sommer im Schlaf von Hamburg nach Schweden fahren möchten, bleibt als Alternative der private Snälltåget. Wie Snälltåget unlängst mitteilte, wird ihr Nachtzug im Zeitraum vom 8. April bis 24. September 2022 täglich von Berlin nach Stockholm unterwegs sein und dabei auch am Hamburger Hauptbahnhof Station machen. Mit einer Abfahrt um 23:59 Uhr und Ankunft um 05:31 Uhr verkehrt Snälltåget in Hamburg allerdings in einer nicht gerade familienfreundlichen Randlage. Außerdem führt der Zug, anders als der künftige „SJ EuroNight“, weiterhin keine Schlafwagen, sondern lediglich Sitz- und Liegewagen.
50 Jahre Interrail
Während Europas Mauern nach Osten wieder hochgezogen werden, feiert eine grenzenlose Idee ihren 50. Geburtstag: Interrail. Es war im März 1972, als sich die allerersten „Interrailer“ auf die Reise machten. Schnell entwickelte sich der flexible Bahn-Pass, der eigentlich nur als einmaliges Angebot gedacht war, zum Symbol für freies Reisen und ein vereintes Europa.
Damals war das Konzept so einfach wie überschaubar: Jugendliche bis 21 Jahren konnten in 21 Ländern einen Monat lang zum Pauschalpreis mit dem Zug fahren. Ein halbes Jahrhundert später gibt es Interrail längst für Reisende jeden Alters und einen ganzen Zoo aus so genannten Global- und One-Country-Pässen mit Laufzeiten zwischen 4 Tagen und 3 Monaten.
Und auch die Anzahl der teilnehmenden Länder ist stetig gestiegen, sie steht aktuell bei 33. Zuletzt waren die baltischen Staat Estland, Lettland und Litauen zum Interrail-Verbund hinzugekommen.
Pünktlich zum Geburtstag hat sich Interrail einen neuen Look verpasst. Neben Senfgelb dominiert jetzt nüchternes Dunkelblau. Zugegeben: Wer ans frische Grün der letzen Jahre gewohnt war, wird beim neuen Design wohl zweimal hingucken müssen.
Gefeiert wird bei Interrail außerdem mit 10 Prozent Rabatt auf alle Global-Pässe sowie viele One-Country-Pässe. Das Angebot gilt bis zum 31. März 2022, Interrail-Pässe können bis zu 11 Monaten vor Reisebeginn gekauft werden.
Nordschweden: Vy beklagt hohe Verluste mit Nachtzügen
Noch einmal geht unser Blick nach Schweden, genauer gesagt in den Norden des skandinavischen Landes. Hier betreibt seit Dezember 2020 die ehemalige norwegische Staatsbahn Vy den legendären Nachtzug von Stockholm nach Narvik. Die Vy hatte die bisherige Betreiberin des Zuges, die schwedische SJ, in einer Ausschreibung von Trafikverket ausgestochen.
Nun meldet sich die Vy mit einem Brandbrief, in dem ein Krisentreffen mit Trafikverket und Nachverhandlungen gefordert werden. Es ist von einer „sehr ernsten“ finanziellen Lage die Rede. Durch die Corona-Restriktionen seien die Ticket-Verkäufe dramatisch eingebrochen, was Trafikverket zudem falsch eingeschätzt habe. Das berichtet die Zeitung Västerbottens-Kuriren, der das Schreiben vorliegt. Ebenfalls zum Thema schreibt das schwedische Eisenbahnportal järnvägar.nu, und beziffert den jährlichen Verlust auf mehrere Millionen Euro.
Hinter den Kulissen werden indes Stimmen laut, dass nicht allein Corona für die tiefroten Zahlen verantwortlich sei, sondern auch Missmanagement und ein unrealistisch niedriges Angebot. Die Vy war bereits zuvor mit Dumping aufgefallen und wurde anderswo in Schweden deswegen sogar schon von Ausschreibungen ausgeschlossen.
Was das alles aus Sicht der Reisenden bedeutet, ist derzeit unklar. „Dies ist ein Dialog zwischen uns und dem Besteller Trafikverket. Es ist nichts, was die Nachtzugreisenden beeinträchtigt“, beschwichtigt Vy-Marketingchefin Marie Torneus auf Anfrage von Västerbottens-Kuriren.
Das eine derartige finanzielle Schieflage auf lange Sicht folgenlos bleibt, ist jedoch schwer vorstellbar.
Kurzstrecke
Updates, News und Fundstücke – alles, was sich sonst noch so auf und neben Europas Gleisen tut, in der Kurzstrecke.
Neue Schlafwagen im Nachtzug Zürich–Amsterdam
Wie in der letzten Zugpost berichtet, kam es im Nightjet zwischen Zürich und Amsterdam immer wieder zu Ausfällen des Schlafwagens. Um die Lage zu stabilisieren, setzen SBB und ÖBB jetzt kurzfristig zusätzliche Schlafwagen der Baureihe „MUn“ des Leasing-Anbieters RDC auf der Linie ein. Die Wagen gelten als besonders komfortabel und verfügen unter anderem über ein Deluxe-Abteil mit Doppelbett.
Deutsche Bahn schafft Partner-BahnCard ab
Die Deutsche Bahn stellt zum 1. April 2022 die BahnCard Partnerkarte ein. Damit war es möglich, zur eigenen BahnCard eine ermäßigte BahnCard für Ehe- oder Lebenspartner:innen zu erwerben. Jede gültige Partnerkarte wird von der DB allerdings noch einmal zu den bisherigen Konditionen um ein Jahr verlängert. Wer also bis zum 31. März eine BahnCard kauft oder verlängert, kann noch fast zwei Jahre von der Partnerkarte profitieren.
Serbien: Neubaustrecke Belgrad–Novi Sad geht in Betrieb
Am Samstag, den 19. März, soll der Zugverkehr auf Serbiens Neubaustrecke von Belgrad nach Novi Sad aufgenommen werden. Die Trasse ist Teil der Magistrale Belgrad–Budapest und wurde mit chinesischer Hilfe für Geschwindigkeiten bis 200 km/h ausgebaut. Im Zuge der Eröffnung soll auch der neue, auf den Namen „Soko“ getaufte Intercity-Triebzug der Serbischen Bahn erstmals verkehren. Laut Fahrplan legt er die 75 Kilometer lange Strecke in nur 36 Minuten zurück.
Mehr vegane Gerichte im DB Bordrestaurant
Die Deutsche Bahn baut das Angebot an vegetarischen und veganen Gerichten in ihren Bordrestaurants aus. Auf der aktuellen Karte finden sich zum Beispiel vegetarische Maultaschen, ein veganes Teriyaki Planted Chicken sowie verschiedene vegane Salate. Auch im Frühstücksangebot und bei den Snacks finden sich nun mehr vegane Alternativen.
Österreich: Rätselhafte Brandserie in Nachtzügen
Binnen weniger Tage ist viermal an Bord eines Nachtzuges in Österreich Feuer ausgebrochen. Betroffen waren drei ÖBB Nightjets sowie der EuroNight Zürich–Budapest, die allesamt auf der Weststrecke in Richtung Wien unterwegs waren. Zugpersonal und Feuerwehr könnten die Brände jeweils schnell unter Kontrolle bringen, für die Reisenden war die Fahrt allerdings vorzeitig zu Ende. Die Polizei geht in allen Fällen von Brandstiftung aus. Die ÖBB reagieren jetzt und setzen auf den betroffenen Routen zusätzliches Sicherheitspersonal ein.