Hallo Zugfans 👋

Ich hoffe, ihr habt genauso schönes Wetter wie wir heute in Finnland und könnt schon etwas vom Sommerurlaub träumen. Vielleicht ja mit einem der Sommer-Nachtzüge des Jahres?

Ich bastle gerade ein wenig an den Formaten der Zugpost. Neben Postkarten und Reisebriefen heißt das, was einem klassischen Newsletter am nächsten kommt, künftig Zugschau. Seht ihr dieses Wörtchen in der Betreffzeile, wisst ihr: Heute erzählt euch der Onkel nicht von Zugfahrten durch Nordostungarn, sondern es gibt die heißesten News aus der Welt des Zugreisens!

In dieser Ausgabe:

  • Neue Zugverbindungen nach Italien
  • Warum ich noch gewisse Zweifel habe, ob ich ab Herbst wirklich ein Ticket nach Athen kaufen kann
  • Die Rückkehr einer Reisemöglichkeit nach Spanien und weitere Nachrichten in der Kurzstrecke

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Der Rote Pfeil kommt

Vier Personen halten ein Schild: Frecciarossa fährt Bahn
Foto: Tobias Holzer / Deutsche Bahn AG

Nach dem Eurovision Song Contest hatte ich einen schrecklichen Ohrwurm vom Beitrag aus San Marino: Tutta l'Italia, ein fieser Eurodance-Stampfer, zu Recht auf dem letzten Platz. Ohrwurmqualität ist eben nicht gleich musikalische Qualität.

„Alles Italien“ scheint auch das Motto bei Europas Bahnen zu sein. Vergangene Woche präsentierten Deutsche Bahn, ÖBB und Trenitalia ihre Pläne für neue Direktzüge nach Bella Italia. Los geht’s im Dezember 2026 von München nach Mailand und Rom. Ab 2028 soll es sogar ab Berlin bis nach Neapel gehen.

Zum Einsatz kommt der Frecciarossa, das bis zu 300 km/h schnelle Flaggschiff der italienischen Bahn. Der „rote Pfeil“ wird damit erstmals auf deutschen Schienen unterwegs sein.

Von „Expresszügen“ ist die Rede. Doch ganz so expresso wird es vorerst nicht: Die Züge fahren über den Brenner, wo sie ihr Tempo kaum ausspielen können. Eine echte Beschleunigung ist erst mit der Eröffnung des Brennerbasistunnels ab 2032 drin.

Bahn plant Expresszüge von München nach Mailand und Rom
Reisende von Deutschland nach Italien sollen künftig im Hochgeschwindigkeitszug ohne Umsteigen von München nach Mailand und Rom fahren können. Die Deutsche Bahn plant entsprechende Verbindungen.

Der größte Vorteil bleibt damit: Man spart sich einen Umstieg. Ob ein Frecciarossa komfortabler ist als etwa ein ICE – das ist Geschmackssache. Aber da ICEs in Italien nicht zugelassen sind, stellt sich die Frage ohnehin nicht.

In der Schweiz konnte man das wohl nicht lange auf sich sitzen lassen und kündigte wenig später ebenfalls eine neue Verbindung nach Italien an: Von Juni bis September geht es täglich von Zürich über Genua und Sestri Levante nach Pisa.

Außerdem neu sind Direktzüge von Lausanne und Genf in die südfranzösischen Städte Avignon und Marseille.


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Ein Ticket nach Athen?

Digitales Ticket im DB Navigator
Foto: Dominic Dupont / Deutsche Bahn AG

Das zweite große Thema dieser Tage: Ticketing. Anfang der Woche ließ die Deutsche Bahn aufhorchen – schon ab Herbst, so heißt es, werde man Tickets nach ganz Europa buchen können. Und zwar bequem mit ein paar Klicks im DB Navigator.

Dass ausgerechnet Athen als Beispiel genannt wird, obwohl Griechenland seit Jahren nicht per Bahn erreichbar ist – geschenkt.

Hintergrund ist die Einführung des Open Sales and Distribution Model, kurz OSDM. Dabei handelt es sich um einen technischen Standard für den Austausch von Ticketdaten. Er soll es Bahnunternehmen künftig einfacher machen, grenzüberschreitende Fahrkarten zu verkaufen.

Klingt gut, oder?

Allerdings: Dass Bahnen Tickets künftig einfacher verkaufen können, heißt noch lange nicht, dass sie es auch wollen.

Ob die französische SNCF etwa, die sich einen erbitterten Konkurrenzkampf mit ihren Nachbarbahnen aus Spanien und Italien liefert, besonders motiviert ist, bleibt abzuwarten. Auch bei den Fahrgastrechten gibt es noch offene Fragen.

Kritiker bezeichnen OSDM deshalb als Feigenblatt: Die Bahnen können damit vorgeben, sich um das Problem zu kümmern, ohne sich um das wirkliche Problem zu kümmern – dass Europa zunehmend zum Flickenteppich wird, in dem Bahnunternehmen eher gegeneinander als miteinander arbeiten.

Auch ich wurde um eine Einschätzung gebeten. Mehr oder weniger gekürzte Zitate findet ihr bei n-tv, T-Online oder der Rheinischen Post. Am Mittwoch war ich zudem beim Saarländischen Rundfunk zu Gast und durfte live ein paar Sätze sagen.

Grenzenlos Zugfahren über Landesgrenzen hinaus
Bahn fahren über Landesgrenzen ist oft kompliziert. Das fängt schon beim Ticketkauf an. Das soll sich ändern, denn der Ticketkauf für Bahnfahrten durch Europa soll ab Herbst einfacher werden. Sicher?

Grundsätzlich bleibe ich skeptisch. Einen offenen Standard einzuführen, finde ich erstmal gut. Hoffnungen zu wecken, die man womöglich nicht erfüllen kann, dagegen weniger.

Ich werde auf jeden Fall ein Auge darauf haben, ob ich im Herbst tatsächlich ein Ticket nach Athen buchen kann.


Kurzstrecke 💬

Was gibt es Neues auf Europas Gleisen? Worüber spricht die Zugreise-Community? Das Wichtigste in der Kurzstrecke!

ÖPNV lohnt sich

Lohnt es sich, in den öffentlichen Nahverkehr zu investieren? Eine neue Studie sagt: aber hallo! In Deutschland stehen Betriebskosten von jährlich 25 Milliarden Euro einer Wertschöpfung von rund 75 Milliarden gegenüber. Denn Busse und Bahnen bringen nicht nur Menschen ans Ziel, sondern auch mehr Umsatz für den Handel, weniger Staus und weniger Unfälle. Jeder investierte Euro kommt dreifach zurück – wenn das kein guter Deal ist!

Frankreichs Nachtzüge gefragt

Frankreichs Nachtzüge sind wieder da – und wie: In den Intercités de Nuit waren 2024 so viele Menschen wie seit zehn Jahren nicht unterwegs, vor allem auf den Linien nach Toulouse, Nizza und Briançon. Das zeigt eine aktuelle Studie des Netzwerks Réseau Action Climat. Die Mahnung folgt aber auf dem Fuß: Es braucht mehr Wagen, mehr internationale Strecken – und Alternativen zu Paris als einzigem Knotenpunkt.

Zug nach Canfranc rollt wieder

Nach zwei Jahren Baupause fährt wieder ein Zug von Zaragoza ins Pyrenäendorf Canfranc. Die Strecke durch Spaniens Nordosten ist nicht nur landschaftlich reizvoll, sondern führt auch zu einem der eindrucksvollsten Bahnhöfe Europas. Canfranc liegt direkt an der französischen Grenze – mit Anschluss an einen Bus aus Pau. Eine spannende Anreisemöglichkeit nach Spanien!

Interrail in Polen vereinfacht

Wer mit dem Interrail-Ticket durch Polen reist, musste bisher improvisieren: Viele Züge sind reservierungspflichtig, die Zuschläge gab es aber oft nur am Schalter oder über Drittanbieter. Jetzt wird’s entspannter: Auf der neu gestalteten Website von PKP Intercity lassen sich Interrail-Reservierungen nun auch online vornehmen – schnell und bequem von zuhause aus.


Schienenmoment 🚞

Fotos, Geschichten, Augenblicke – eure schönsten Eindrücke von unterwegs.

Bahnhof von Bologna

Zum Abschluss noch mal nach Italien: Dieses Foto vom Bahnhof Bologna hat mir Jörg geschickt. Er war mit dem neuen Railjet aus München unterwegs – und war begeistert. Ein feiner Zug der ÖBB, schreibt er. Doch ein bisschen Wehmut fuhr mit:

Während der Fahrt über den Brenner dachte ich beim Betrachten der Tunnelbaustelle: diese schöne Landschaft wirst du größtenteils demnächst nicht mehr sehen können, wenn der Zug mit 250 km/h durch den Tunnel braust!

Bologna selbst war dafür ein Volltreffer:

Bologna war, sowohl als Reise, in dem Fall aber auch als Stadt und kulinarisch, ein echtes Highlight! Klare Empfehlung für eine wunderbare Bahnfahrt!

Vielen Dank, lieber Jörg, für diese Eindrücke!

📸
Ihr habt auch einen Schienenmoment erlebt, den ihr mit der Zugpost-Community teilen möchtet? Dann schickt mir ein Foto zusammen mit ein paar Worten dazu an sebastian@zugpost.org.

Ende der Linie 🚉

Das war die 54. Ausgabe des Newsletters der Zugpost, der ab sofort auf den Namen Zugschau hört. Hat es euch gefallen? Dann empfehlt die Zugpost gerne weiter!

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