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Der Herbst ist da – und damit die Zeit, in der die letzten Weichen für die neue Fahrplanperiode gestellt werden. In einem großen Event haben die ÖBB nun ihre neuen Nightjet-Züge präsentiert. Sie sollen im Jahresfahrplan 2023 erstmals zum Einsatz kommen.

Deutlich weniger glamourös ging es dagegen bei der Premiere des Nachtzugs Hamburg–Stockholm zu. Probleme mit der Verfügbarkeit und Zulassung von Wagen führen dazu, dass der EuroNight der SJ vorerst nur als Nachtzug-Stummel unterwegs ist.

Ein allerletztes Mal – versprochen! – soll es an dieser Stelle noch um das 9-Euro-Ticket gehen. Aber es lohnt sich, denn mit über 35.000 abgegebenen Stimmen hat das #BahnBarometer zum Ende des Experiments einen beeindruckenden Datensatz generiert. Lange vor der offiziellen Evaluation, die uns erst im November erwartet.

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Sebastian


ÖBB zeigen neue Nightjets

Die ÖBB und Zughersteller Siemens Mobility haben am 6. September die Schlaf- und Liegewagen für die neuen Nightjet-Züge vorgestellt. Die Veranstaltung auf dem Siemens-Gelände in Wien Simmering, bei der auch Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler vor Ort war, wurde live ins Internet übertragen. Erstmals wurde der Öffentlichkeit der Innenraum der neuen Wagen präsentiert, bislang waren nur 3D-Renderings vom Nightjet der neuen Generation bekannt gewesen.

Mit gut 30 Minuten fiel die Vorstellung ziemlich knapp aus, vieles blieb im Vagen. Einige Details ließen sich allerdings aus Vor-Ort-Berichten in den sozialen Netzwerken erschließen. Demnach werden die Schlafwagen insgesamt über zehn Abteile mit jeweils zwei Betten verfügen, davon neun in der Kategorie „Comfort“ und eines in der Kategorie „Comfort deluxe“. Auch wenn die Betten in den Comfort-Abteilen nun längs zur Fahrtrichtung angeordnet sind, bleiben sie mit 189 cm Länge recht kurz. Alle Abteile verfügen über ein eigenes Bad mit WC und Dusche, wer Comfort deluxe bucht hat lediglich etwas mehr Platz.

Pro neuer Nightjet-Einheit gibt es zwei Schlafwagen, insgesamt stehen also maximal 40 Schlafwagenplätze zur Verfügung. Verglichen mit zwei Schlafwagen des Typs Comfortline, wie sie heute zumeist im Nightjet unterwegs sind, bedeutet das eine Reduktion der Kapazität um satte 44 Prozent.

Dafür, dass das vermutlich aber kaum ins Gewicht fallen wird, sorgen die drei Liegewagen im Zugverbund. Hier befinden sich für Einzelreisende insgesamt 78 „Mini Cabins“, die einem Kapselhotel nachempfunden sind. Das dürfte zumindest einige Reisende, die zuvor ein Einzelabteil im Schlaf- oder Liegewagen bevorzugt haben, ansprechen. Neben den Mini Cabins gibt es pro Liegewagen auch drei herkömmliche 4er-Abteile, die sich vor allem für Familien und Kleingruppen eignen.

Zu einer neuen Nightjet-Garnitur gehören außerdem noch ein Sitzwagen sowie ein Multifunktionswagen, der neben Sitzplätzen auch über Stellplätze für Fahrräder und ein barrierefreies Liegeabteil verfügt. Wie diese Wagen aussehen, ist noch offen, sie wurden bei der Präsentation nicht gezeigt.

Die ersten Einheiten des neuen Nightjet sollen ab September 2023 an die ÖBB übergeben werden und kommen zunächst im Italien-Verkehr von Wien und München nach Mailand, Venedig und Rom zum Einsatz. Ebenfalls werde eine Zulassung für die Niederlande angestrebt, hieß es auf der Veranstaltung, was auf einen geplanten Einsatz in Richtung Amsterdam schließen lässt.

Mehr Eindrücke der neuen Wagen gibt es auf nightjet.com.


Nachtzug Hamburg–Stockholm: Pleiten, Pech und Pannen

Wer am Abend des 1. September zum Bahnhof Hamburg-Altona gekommen war, um den EuroNight der schwedischen SJ nach Stockholm auf seine Jungfernfahrt zu verabschieden, dürfte sich verwundert die Augen gerieben haben. Statt eines ausgewachsenen Nachtzugs stand dort bestenfalls ein Stummel am Bahnsteig: eine Lok und zwei Liegewagen. In den sozialen Netzwerken, wo zuvor schon über Probleme getuschelt worden war, war die Aufregung entsprechend groß.

Was war passiert? Wo waren die Schlafwagen, die eigentlich Hauptfeature und Wettbewerbsvorteil des SJ-Zuges gegenüber Snälltåget sein sollten? Und warum hat es nicht einmal zu Sitzwagen gereicht?

Dazu muss man wissen, dass die SJ den Zug nicht selbst mit ihrem eigenen Wagenmaterial betreibt. Aufgrund technischer Beschränkungen dürfen die schwedischen Wagen das Land gar nicht über die Öresund-Brücke verlassen. Stattdessen arbeitet die SJ mit dem Dienstleister RDC Deutschland zusammen, der das Wagenmaterial stellt. Nachtzug-Fans ist RDC vor allem im Zusammenhang mit dem Alpen-Sylt-Nachtexpress ein Begriff. Auch hier waren Wagen von RDC im Einsatz – allerdings nur bis Mitte Juli, dann nämlich brach der Nachtexpress völlig überraschend seine Saison vorzeitig ab.

Die Folge: Verärgerte Reisende, wie man Google-Bewertungen wie dieser, dieser oder dieser entnehmen kann. Viele der Enttäuschten dürften vom Nachtzug erst einmal die Nase voll haben, der Schaden für das Gesamtsystem ist groß.

Und richtig: Es sind genau diese Wagen aus dem Alpen-Sylt-Nachtexpress, die RDC nach Stockholm schicken wollte. Zugutehalten lässt sich der RDC, dass dies nicht der ursprüngliche, sondern bereits ein Notfall-Plan war. Die eigentlich für den SJ-Nachtzug beschafften Wagen waren nicht rechtzeitig fertig geworden. So wurde der Alpen-Sylt-Nachtexpress kurzerhand eingestampft um die SJ beliefern zu können.

Warum aber standen die Wagen am 1. September nicht in Altona? Jetzt kommen die dänischen Zulassungsbehörden ins Spiel. Diese haben nämlich den Nachtexpress-Wagen die kurzfristige Zulassung für den Verkehr in Dänemark verweigert. Ausgenommen sind nur eine Handvoll Liegewagen, die seitdem zumindest einen Rumpfverkehr auf der Strecke Hamburg–Stockholm gewährleisten. Die SJ ist verständlicherweise not amused. Das Verhalten der Dänen widerspreche dem vierten Eisenbahnpaket der EU sowie dem RIC-Abkommen, heißt es.

Es nützt aber nichts, die Wagen fehlen weiterhin und die Situation stellt sich einigermaßen verfahren dar. Immerhin: Es gibt leise Hoffnung, dass die Schlaf- und Sitzwagen später im Verlauf des Herbstes die erhoffte Zulassung erhalten. Die Zugpost hält euch auf dem Laufenden.

Eindrücke von der Premierenfahrt gibt es in diesem Video.


Abschlussumfrage zum 9-Euro-Ticket

Zum Ende des 9-Euro-Tickets ist das Bahn-Barometer auf Twitter noch einmal zurückgekehrt. Wie bei der ersten Auflage im Juni lautete die Frage aller Fragen: „Wie lief es mit dem 9-Euro-Ticket?“, diesmal aber über die gesamte Laufzeit von 3 Monaten betrachtet. Außerdem gab es zehn Zusatzfragen, die detaillierter auf das Reiseverhalten sowie ein mögliches Nachfolgemodell eingingen.

Die zweite Auflage des Bahn-Barometers war ein überwältigender Erfolg. Insgesamt wurden 36.565 Stimmen abgegeben, so dass man zumindest quantitativ von einer soliden Statistik sprechen kann.

Hier sind die zentrale Ergebnisse der Umfrage:

  • 75,6 % sagen, es lief insgesamt gut mit dem 9-Euro-Ticket
  • 92,6 % wünschen sich einen dauerhaften Ersatz fürs 9-Euro-Ticket
  • 27,1 % würden dann sogar ihr Auto verkaufen

Damit bestätigt sich der Trend aus dem Bahn-Barometer im Juni, auch damals waren gut drei Viertel der Befragten mit dem 9-Euro-Ticket zufrieden. Kein Wunder, dass sich 9 von 10 Befragten eine Fortsetzung wünschen. Was wirklich beeindruckt: Mehr als ein Viertel der befragten Autofahrenden würde mit einem einfachen, deutschlandweiten Mobilitätsangebot ihr Auto verkaufen. Hier gibt es ein gewaltiges Potential für die nötige Transformation weg vom Individualverkehr!

Die Ergebnisse im einzelnen:

Drei Monate 9-Euro-Ticket: Wie lief es insgesamt? (5085 Stimmen)
Gut: 75,7 %
Mittel: 18,1 %
Schlecht: 6,4 %

Habt ihr für mindesten einen der drei Monate Juni, Juli und August ein 9-Euro-Ticket besessen? (3174 Stimmen)
Ja: 92,6 %
Nein: 7,4 %

In wie vielen Monaten habt ihr ein 9-Euro-Ticket besessen? (2857 Stimmen)
Monat: 9,7 %
Monate: 12,4 %
Monate: 77,9 %

Was hat euch am 9-Euro-Ticket am besten gefallen? (2948 Stimmen)
Preis: 35,2 %
Einfachheit des Reisens: 63,7 %
Etwas anderes: 1,1 %

Wie habt ihr das 9-Euro-Ticket hauptsächlich genutzt? (2830 Stimmen)
Normale Fahrten (zum Job etc.): 43,0 %
Zusätzliche Fahrten: 24,4 %
Beides etwa gleich: 32,6 %

Sind Bahnen und Busse eurer Wahrnehmung nach durch das 9-Euro-Ticket voller geworden? (2806 Stimmen)
Ja, erheblich voller: 42,6 %
Ja, etwas voller: 46,9 %
Nein, gleich oder weniger: 10,5 %

Wünscht ihr euch ein Angebot ähnlich zum 9-Euro-Ticket dauerhaft in Deutschland? (3016 Stimmen)
Ja, bitte fortsetzen: 92,6 %
Nein, bitte nicht: 3,6 %
Bin unentschlossen: 3,8 %

Welchen Preis pro Monat haltet ihr für einen deutschlandweiten Nachfolger fürs 9-Euro-Ticket für angemessen? (2923 Stimmen)
Bis 29 Euro: 45,0 %
30 bis 59 Euro: 45,4 %
Ab 60 Euro: 9,5 %

Sollte es neben einem deutschlandweiten Ticket auch günstigere regionale Tickets geben, z. B. Bundesländer plus Überlappungen (2744 Stimmen)
Ja: 75,3 %
Nein: 24,7 %

Angenommen, es gäbe einen Nachfolge fürs 9-Euro-Ticket zu einem fairen Preis: Würdet ihr dann euer Auto verkaufen? (2870 Stimmen)
Ja: 13 %
Nein: 35 %
Habe kein Auto: 52%

Angenommen, es gäbe einen Nachfolge fürs 9-Euro-Ticket zu einem fairen Preis: Würdet ihr dann euer Auto verkaufen? (Nur Autobesitzende = 1376 Stimmen)
Ja: 27,1 %
Nein: 72,9 %

Welchen Eindruck habt ihr von der medialen Berichterstattung rund um das 9-Euro-Ticket? (2602 Stimmen)
Insgesamt in Ordnung: 32,2 %
Zu kritisch: 61,9 %
Zu wohlwollend: 5,9 %

In diesem Thread auf Twitter könnt ihr die Endauswertung des Bahn-Barometers und alle Analysen noch einmal ausführlich nachlesen.


Kurzstrecke

Updates, News und Fundstücke – alles, was sich sonst noch auf und neben Europas Gleisen tut, in der Kurzstecke.

Wieder direkt von Hamburg nach Budapest

Der Eurocity „Hungaria“ ist seit dem 1. September wieder durchgängig auf seiner Stammstrecke von Hamburg über Berlin und Dresden nach Budapest unterwegs. Wegen Bauarbeiten war der Zuglauf für gut zehn Monate in Prag gebrochen worden. Mit einer Strecke von knapp 1300 Kilometern und einer Reisezeit von mehr als 13 Stunden gehört der Hungaria zu den längsten Eurocity-Zugläufen in Europa. Er verkehrt dienstags bis sonntags. Abfahrt am Hamburger Hauptbahnhof ist um 06:48 Uhr, Ankunft am Bahnhof Budapest-Nyugati um 20:20 Uhr. Der Zug ist aus ungarischen Wagen gebildet und führt einen Speisewagen.

Gratis Interrail-Ticket für Jugendliche

Die Initiative DiscoverEU (ehemals: #FreeInterrail) ermöglicht es jungen Menschen, Europa mit einem kostenlosen Interrail-Ticket zu entdecken. In bislang sechs Bewerbungsrunden hat die Europäische Kommission bereits mehr als 175.000 Tickets vergeben. Nun geht DiscoverEU in die nächste Runde. Bewerben können sich Jugendliche aus der EU und assoziierten Staaten, die zwischen dem 1. Januar und 31. Dezember 2004 geboren wurden. Bewerbungen sind möglich im Zeitraum vom 11. bis 25. Oktober 2022. Wer ein Ticket ergattert hat, wird im Januar 2023 informiert, frühester Reiseantritt ist der 1. März 2023. [Mehr Infos]

Deutsche Bahn präsentiert ICE L

Nicht nur in Österreich, auch bei der Deutsche Bahn wurde dieser Tage ein neuer Zug vorgestellt. Es handelt sich um Lok-Wagen-Garnituren von Talgo, die ab Herbst 2024 Altfahrzeuge auf einigen Intercity-Linien ersetzen sollen. Ursprünglich formierte das Projekt unter dem Namen ECx, doch nun wurde bekannt, dass die Züge zur Gattung ICE zählen werden und die Bezeichnung ICE L erhalten. Besonders hervor hebt die DB, dass es sich um die ersten barrierefreien ICE-Züge handelt. Die 17-teiligen Einheiten werden zunächst auf der Strecke Berlin–Amsterdam eingesetzt sowie in den touristischen Verkehren nach Oberstdorf und Sylt. [Eindrücke vom Zug]

Zukunft der Mobilität auf der InnoTrans 2022

Nach vier Jahren Pause öffnet die InnoTrans vom 20. bis 23. September wieder in Berlin ihre Tore. Auf der internationalen Leitmesse für Verkehrstechnik präsentieren mehr als 3000 Aussteller neue Entwicklungen aus der Welt des Schienenverkehrs, von Kabelverschraubungen bis zu ganzen Zügen. Die InnoTrans richtet sich zwar vorwiegend an Fachpublikum, Organisationen wie die Allianz pro Schiene verlosen jedoch immer wieder Tickets auch an Privatpersonen. Haltet die Augen offen! Wer nicht in Berlin vor Ort sein kann, wird unter dem Hashtag #InnoTrans2022 in den sozialen Netzwerken auf dem Laufenden gehalten. [Mehr Infos]

Back-on-Track gründet deutschen Dependence

Die Initiative Back-on-Track, die sich für den Ausbau der europäischen Nachtzugverbindungen einsetzt, hat einen deutsche Ableger gegründet. Formal ist die Gruppe als Verein „Back-on-Track Germany e.V.“ in Berlin organisiert und trifft sich alle zwei bis drei Monate zu einem virtuellen Austausch. Der Mitgliedsbeitrag kostet je nach Einkommen zwischen 1 und 10 Euro im Monat. Ebenfalls möglich ist eine Mitgliedschaft für Unternehmen und Organisationen. [Mitglied werden]