Manchmal zeigt sich die Natur besonders großzügig. Etwa, wenn sie ein ohnehin schon traumhaftes Bergpanorama noch mit einem funkelnden See veredelt. Berge und Wasser – das ist wohl eine der reizvollsten Kombinationen überhaupt. Und für einen Urlaub perfekt: Warum sich entscheiden, wenn man schwimmen und wandern, bergsteigen und am Strand liegen kann?
Drei der schönsten Seen der Alpen liegen zwischen der Romandie, dem französischsprachigen Teil der Schweiz, und Frankreich: der Genfersee, der Lac du Bourget und der Lac d’Annecy. Jeder See hat seinen eigenen Charme: mal urban, mal wild, mal majestätisch. Zusammen bilden sie ein wahres Paradies für Naturliebhaber, Aktivurlauber und Genießer.
Und das Beste: Alle drei Seen sind nicht nur bequem mit dem Zug zu erreichen, sondern auch durch Direktverbindungen miteinander verknüpft – jeweils in deutlich unter zwei Stunden. Ideal für ein entspanntes „Seenhopping“, etwa an einem verlängerten Wochenende jetzt im Frühling!

Für eine Reise aus dem deutschsprachigen Raum bietet es sich an, mit dem Genfersee zu starten. Welchen der beiden französischen Seen – den Lac du Bourget oder den Lac d’Annecy – ihr als nächstes besucht, liegt ganz bei euch. Ich habe mich hier für eine Runde gegen den Uhrzeigersinn entschieden – einfach, weil ich die Reise selbst so gemacht habe. Natürlich könnt ihr die Reihenfolge umkehren oder euch nur einen oder zwei Seen herauspicken.
1. Genfersee (Lac Léman)

Der Genfersee, auch Lac Léman, ist der größte See der Alpen und liegt an der Grenze zwischen der französischsprachigen Schweiz und Frankreich. Während das Nordufer sanft ins hügelige Alpenvorland übergeht, ragen am Südufer die imposanten Savoyer Alpen steil in die Höhe. Städte wie Genf, Lausanne und Montreux säumen das Ufer und verleihen dem See seine einzigartige Mischung aus urbanem Flair, mediterranem Charme und alpiner Kulisse.
Für Zugreisende ist vor allem das Nordufer interessant: Hier verläuft eine der meistbefahrenen Bahnstrecken der Schweiz, die Lausanne mit Genf verbindet. Auf der französischen Seite gibt es dagegen lediglich eine Stichstrecke nach Évian-les-Bains, so dass sich der See nicht vollständig auf der Schiene umrunden lässt.
Anreise mit dem Zug
Wer aus dem Norden anreist – etwa aus Basel, Zürich oder Bern – erlebt auf der Fahrt zwei besondere Momente. Der erste kommt kurz vor Fribourg/Freiburg: Hier überquert der Zug die Sprachgrenze, auch als Röstigraben bekannt, und plötzlich ist man in der Romandie. Die Ansagen wechseln ins Französische, die Beschriftungen ändern sich – ein immer wieder faszinierender Übergang, der die kulturelle Vielfalt der Schweiz widerspiegelt.
Der zweite Gänsehautmoment folgt kurz darauf: Der Zug taucht in einen langen Tunnel ein, und wenn er wieder ans Licht kommt, eröffnet sich eine atemberaubende Szenerie. Hoch über dem See zieht die Strecke entlang, während unterhalb die Weinberge des Lavaux terrassenförmig zum Wasser hin abfallen. Das Wetter ist hier oft besser, die Aussicht grandios – es fühlt sich an, als hätte man gerade eine unsichtbare Grenze nach Südeuropa überquert.

Von Lausanne aus folgt die Bahnlinie dem nördlichen Ufer und führt über Nyon und Coppet nach Genf. Alternativ kann man in Lausanne umsteigen und direkt am Wasser nach Vevey und Montreux fahren. Der Zug ist hier auf der legendären Simplonlinie unterwegs, die bis ins italienische Domodossola führt – eine der großen Alpenüberquerungen, die dem Simplon-Orient-Express seinen Namen gab.
Aussteigen
Die Großstädte Lausanne und Genf sind perfekt für einen Städtetrip. Persönlich gefällt mir das charmante Lausanne einen Tick besser als das mondäne (und teure) Genf. Durch seine Hanglage bietet Lausanne schöne Ausblicke auf den See, und die Gassen der Altstadt laden zum Bummeln ein. Genf hingegen punktet mit seinem internationalen Flair und einer erstklassigen Kulturszene.

Doch auch die kleineren Orte im Ostteils des Sees sind einen Besuch wert. Montreux ist durch das Jazzfestival weltbekannt. Mein Tipp ist das ruhigere Vevey. Es gibt einige schöne Unterkünfte direkt am See und man kann mit der Schmalspurbahn nach Les Pléiades hinauffahren – großartige Ausblicke inklusive!
Aktivitäten
- Wandern und Wein
Auf keinen Fall entgehen lassen solltet ihr euch die Weinberge des Lavaux! Eine Wanderung durch die terrassenförmigen Hänge bietet spektakuläre Panoramablicke, und die urigen Weindörfer laden zur Verkostung ein. Praktisch: Dank der zwei Bahnstrecken sowohl oben in Hanglage als auch unten am Seeufer ist die An- und Abreise ein Kinderspiel. Gute Startpunkte sind die Bahnhöfe Grandvaux und Cully. - Mit dem Dampfschiff in See stechen
Ein echter Klassiker ist eine Schifffahrt auf dem Genfersee mit den historischen Schaufelraddampfern aus der Belle Époque. Sie verbinden auf verschiedenen Linien das schweizerische mit dem französischen Ufer – eine entspannte Art, den See aus einer neuen Perspektive zu genießen.
2. Lac du Bourget

Der Lac du Bourget und sein einst mondäner Kurort Aix-les-Bains sind international ein wenig in Vergessenheit geraten. Zu Unrecht! Der größte komplett in Frankreich liegende See ist eine echte Perle.
Geformt in der Eiszeit, ist der Lac du Bourget von Bergmassiven umgeben und der wildeste der drei Seen. Während am kaum erschlossenen Westufer Falken jagen, locken auf der Ostseite Panoramawanderwege. Und wenn man abends an einem der Strandbäder sitzt, das kristallklare Wasser sanft über die Kieselsteine schwappt und sich die Alpenriesen zu beiden Seiten auftürmen, fühlt man sich fast wie an einem norwegischen Fjord.
Anreise mit dem Zug
Die Fahrt von Genf nach Aix-les-Bains ist ein echtes Highlight. Nach wenigen Minuten überquert der Zug die französische Grenze und folgt dem oberen Rhonetal. Am Bahnknoten Culoz zweigt eine Linie nach Lyon ab, während unser Zug die Rhone überquert und bald das nördliche Ende des Lac du Bourget erreicht.
Nun folgt der schönste Abschnitt: Die Strecke schlängelt sich direkt am Seeufer entlang. Rechts glitzert das kristallklare Wasser, links ragen steile Felswände auf – nicht umsonst nennt man diese Region die Riviera der Alpen. In einer weiten Kurve um die Baie de Grésine scheint der Zug sogar für einen Moment mitten durch das Wasser zu gleiten.

Nach gut einer Stunde Fahrt erreicht der Zug schließlich den Bahnhof Aix-les-Bains-Le Revard. Von Genf aus gibt es täglich vier bis fünf Direktverbindungen, die weiter über Chambéry bis nach Grenoble führen.
Aussteigen
In den heißen Quellen von Aix-les-Bains badeten schon die Römer, die Savoyen vor über 2000 Jahren erobert hatten. Seine Blütezeit erlebte der Kurort in der Belle Époque, als er weltberühmt war. Prachtvolle Boulevards und Uferpromenaden zeugen von diesem Glanz. Heute ist Aix-les-Bains eine dynamische, wachsende Stadt, die besonders Familien und Aktivurlauber anzieht.
Ebenfalls per Zug erreichbar ist Chindrieux am Nordufer des Lac du Bourget, wo es ein schönes Château gibt, sowie Viviers-du-Lac am südlichen Ende. Sie werden jedoch nicht von den direkten Zügen aus Genf bedient, sondern erfordern einen Umstieg in Culoz oder Aix-les-Bains. Wer Ruhe und Abgeschiedenheit sucht, wird am Westufer des Sees fündig. Einige Orte sind nur schwer zugänglich und lassen sich am besten mit dem Boot erreichen.

Aktivitäten
- Wandern, Klettern und Schwimmen
Der Lac du Bourget ist ein Eldorado für Outdoor-Fans. Wanderwege auf beiden Ufern bieten tolle Ausblicke, und einige Höhlen laden zur Erkundung ein. Auch Klettern in den steilen Felswänden ist beliebt. Wassersportler kommen beim Segeln oder Baden an den idyllischen Stränden auf ihre Kosten. Wer es entspannter mag, kann an der Uferpromenade von Aix-les-Bains flanieren. - Mit dem Boot zum Kloster
Eine Bootsfahrt führt von Aix-les-Bains zur malerischen Abtei Hautecombe am Westufer des Sees. Das Kloster aus dem 12. Jahrhundert ist die letzte Ruhestätte zahlreicher Grafen von Savoyen sowie der letzten Könige Italiens.
3. Lac d’Annecy

Das lebendige Annecy gilt als das Venedig der Alpen – nicht nur wegen der malerischen Kanäle, die sich durch die Altstadt ziehen, sondern auch wegen seiner idyllischen Lage am leuchtend türkisfarbenen Lac d’Annecy. Gespeist von Gebirgsflüssen, zählt er zu den saubersten Seen Europas und ist ein Paradies für Natur- und Wasseraktivitäten.
Anreise mit dem Zug
Annecy ist sowohl von Aix-les-Bains als auch von Genf direkt per Zug erreichbar. Die Fahrt von Aix-les-Bains mit dem Regionalzug dauert nur etwa 40 Minuten und wird etwa jede Stunde, zu Stoßzeiten sogar häufiger angeboten. Zudem gibt es einzelne TGV-Züge, die Annecy direkt mit Paris verbinden.

Von Annecy nach Genf geht es mit dem Léman Express, der grenzüberschreitende S-Bahn zwischen der Schweiz und Frankreich. Die Züge fahren über La-Roche-sur-Foron und Annemasse und werden stündlich angeboten.
Aussteigen
Annecy mit seinen 130.000 Einwohnern liegt an der nördlichen Spitze des Sees und ist der einzige Ort mit Bahnanschluss. Über der Stadt thront das mittelalterliche Château d’Annecy, während das Palais de l’Isle seit Jahrhunderten mitten im Fluss Thiou steht. Rund um das Palais erstreckt sich eine zauberhafte Altstadt, in deren Gassen man sich verlieren kann wie im echten Venedig. Zur Hauptreisezeit kann es allerdings recht voll werden – auch hier passt der Vergleich.
Doch auch im Winter lohnt sich der Besuch. In Annecy geht es dann gemütlicher zu, und beliebte Skigebiete wie La Clusaz und Le Grand-Bornand sind in nur 30 Minuten erreichbar. Sogar der Biathlon-Weltcup macht hier regelmäßig Station.

Aktivitäten
- Seerundfahrt mit dem Rad
Einmal um den See radeln? Kein Problem! Ein rund 40 Kilometer langer Radweg führt weitgehend flach um den Lac d’Annecy – perfekt auch für Familien. Wer sportlicher unterwegs ist, kann eine zusätzliche Schleife auf den Col de la Forclaz einbauen und den Blick auf den See genießen. - Schlemmen auf dem Markt
Ein Bummel durch die Altstadt von Annecy gehört zum Pflichtprogramm. Besonders lohnt sich ein Besuch der Marktstände, wo regionale Spezialitäten wie Reblochon-Käse, Tomme de Savoie, frische Früchte und Savoyer Weine angeboten werden – ein Fest für die Sinne!
Praktische Tipps
- Die Züge zwischen Genf und Aix-les-Bains sowie zwischen Aix-les-Bains und Annecy werden als Regionalexpress (TER) von der französischen Staatsbahn SNCF betrieben. Zwischen Annecy und Genf verkehrt der Léman Express, ein gemeinsames Angebot von SBB und SNCF.
- Alle hier beschriebenen Zugverbindungen sind Regionalzüge, die keine Reservierung erfordern. Tickets gibt es online bei den jeweiligen Bahnanbietern oder direkt vor Ort. Auf allen Strecken gilt zudem Interrail.
- Die drei Seen lassen sich zu jeder Jahreszeit entdecken. Besonders empfehlenswert sind Frühjahr und Herbst, dann ist es weniger überlaufen und die Temperaturen sind perfekt zum Wandern.
- Wer gerne mit dem Fahrrad reist, kann in den Regionalzügen sein Rad mitnehmen. Das Platzangebot ist allerdings begrenzt. In der Schweiz und auf grenzüberschreitenden Strecken fällt für die Fahrradmitnahme eine Gebühr an, innerhalb Frankreichs ist sie kostenlos.
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