Hallo Zugfans 👋
Eine Fahrkarte nach Schweden zu kaufen, sagen wir von Bremen nach Stockholm, ging bislang so: Man gab seine Reisedaten auf der Website der Deutschen Bahn ein, wählte die passende Verbindung aus und kaufte das Ticket – in der Regel zu einem fairen Preis und inklusive der notwendigen Reservierungen in Schweden.
Seit einigen Wochen sieht das jedoch anders aus.
Bei der Suche nach Zugverbindungen nach Schweden wird in den meisten Fällen die berüchtigte Meldung „Preisauskunft nicht möglich“ angezeigt. Der Grund: Die schwedische Bahn ist auf ein neues Buchungssystem umgestiegen, das mit dem System der DB nicht mehr kompatibel ist.
Tickets können nun nur noch bis Malmö verkauft werden – also gerade eben über die Grenze – oder für bestimmte Strecken mit dem regionalen Öresundståg. Verbindungen, die einen Fernzug der SJ enthalten, etwa die X2000-Schnellzüge nach Stockholm, sind nicht mehr buchbar. Wer in Schwedens Hauptstadt oder weiter reisen möchte, muss zwei Tickets bei verschiedenen Anbietern kaufen. Das ist nicht nur umständlich, sondern in praktisch allen Fällen auch teurer.

Wer daran Schuld ist, die schwedische Bahn oder die deutsche, ist am Ende egal. Entscheidend ist: Niemand hat sich die Mühe gemacht, eine Lösung für das Problem zu finden oder das Problem überhaupt erst erkannt. Ausbaden dürfen es am Ende wieder die Reisenden. Also wir.
Das ist kein Einzelfall, sondern ein genereller Trend. Im Jahr 2020 verschwand das attraktive London Spezial der Deutschen Bahn, seitdem müssen Reisende durch den Eurotunnel mit einer Hilfskonstruktion und eingeschränkten Fahrgastrechten zurechtkommen. Die französische SNCF zog sich in diesem Frühjahr gleich fast komplett aus dem internationalen Ticketverkauf zurück.
Überhaupt, Frankreich. Mit den spanischen Nachbarn gibt es einen Eisenbahnkrieg, der immer groteskere Züge annimmt. Und auch mit der italienischen Bahn ist man sich nicht grün; hier fährt man an der Grenze lieber inkognito nebeneinander her und weigert sich, Fahrkarten des jeweils anderen zu verkaufen. Die Italiener selbst bekommen es unterdessen nicht auf die Reihe, mit den ÖBB angemessene Baustellenfahrpläne und Umleitungen abzustimmen, so dass die Nightjets nach Italien wiederholt monatelang ausfallen (siehe Kurzstrecke unten). Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Es ist schon merkwürdig: Während Europa in anderen Bereichen weiter zusammenwächst, scheint sich der Bahnverkehr wieder in seine Einzelteile aufzulösen. Und während jeder Toaster mit immer mehr Features und Optionen aufwartet, schrumpfen die Angebote auf Bahn-Websites stetig.
Immerhin, ein Fünkchen Hoffnung kommt aus der EU. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat ihrem designierten Kommissar für Verkehr, Apostolos Tzitzikostas, Folgendes ins Pflichtenheft geschrieben:
„Sie werden einen Vorschlag für eine Verordnung über die einheitliche digitale Buchung und Ausstellung von Fahrscheinen ausarbeiten, um sicherzustellen, dass Reisende in Europa einen einzigen Fahrschein auf einer einzigen Plattform kaufen und während ihrer gesamten Reise von Fahrgastrechten profitieren können.“
(Übersetzung durch mich.)
Tzitzikostas antwortete, dass er beabsichtige, dies bis Ende 2025 umzusetzen. Wie genau, ließ er vorerst offen. Erste Antworten können für die Anhörung der neuen EU-Kommission am 4. November erwartet werden. Mehr dazu erfahrt ihr in diesem Text von Jon Worth, der das Ganze ohnehin viel besser erklären kann als ich.
Es ist höchste Zeit, dass etwas passiert. Bevor Europas Eisenbahn vollends zum Flickenteppich wird.
Mehr über den neuesten Trouble mit den Nightjets nach Italien lest ihr in der Kurzstrecke. Außerdem im Mitgliederbereich: ein bunter Schienenmoment aus Belgien.
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Eigentlich wollte ich euch letzte Woche von einem Sehnsuchtsort in den französischen Bergen erzählen, aber meine Gesundheit hat mir leider einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Geschichte wird nachgeholt, sobald ich wieder fit genug für längere Texte bin.🤞
Vor ein paar Wochen habe ich mich mit einem Journalisten der Deutschen Welle über Nachtzüge unterhalten. Natürlich kam auch die übliche Frage nach meinem schlimmsten Nachtzug-Erlebnis auf. Mir fällt dann nie etwas ein – entweder habe ich meistens Glück oder bin einfach Meister im Verdrängen. Den Artikel mit meinen Zitaten könnt ihr jedenfalls nun online lesen.
Habt eine schöne Restwoche!
– Sebastian
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Kurzstrecke 💬
Was gibt es Neues auf Europas Gleisen? Worüber spricht die Zugreise-Community? Das Wichtigste in der Kurzstrecke!
Nachtzug-Ausfälle durch Tauernsperre
Wegen umfangreicher Wartungsarbeiten im Tauerntunnel fallen vom 17. November 2024 bis 13. Juli 2025 mehrere Nightjets nach Italien ersatzlos aus. Betroffen sind die Nachtzüge Stuttgart–Venedig, München–Rom und München–La Spezia. Die Nightjets von Wien verkehren weiterhin, allerdings kommt es auf der Route nach La Spezia zu Umleitungen und dem Entfall der Schlafwagen. Die kroatischen Nachtzüge von Zürich und Stuttgart nach Zagreb werden über Graz umgeleitet und halten nicht mehr in Lesce-Bled und Ljubljana.
Elron plant Direktzug nach Riga
Die estnische Bahn Elron plant eine Direktverbindung von Tallinn über Tartu nach Riga. Bis neue Züge zur Verfügung stehen, soll ein bestehendes Zugpaar auf der Strecke Tallinn–Valga bis Riga verlängert werden. Die Abfahrt in Tallinn ist um 15:08 Uhr, die Ankunft in Riga ist für 20:56 Uhr geplant. Die Rückfahrt ab Riga soll bereits um 5:35 Uhr starten, so dass kein direkter Anschluss für Reisende aus Richtung Vilnius und Warschau besteht. Das Startdatum ist offen, die genauen Fahrzeiten werden noch mit Lettland abgestimmt.
Zugunglück auf der Nordlandbahn
Auf der Nordlandbahn von Trondheim nach Bodø ist südlich von Mo i Rana ein Personenzug entgleist, nachdem Felsbrocken auf die Strecke gestürzt waren. Der Lokführer kam dabei ums Leben, vier Passagiere wurden verletzt. Die entgleiste Lok und zwei Wagen rutschten eine Böschung hinab und kamen nahe der parallel verlaufenden E6 zum Stehen. Bis auf Weiteres verkehren Züge nur noch zwischen Trondheim und Mosjøen, die Nachtzüge fallen ersatzlos aus. Mehr Infos gibt es beim Zugbetreiber SJ Nord.
Kein Fernzug nach Oberstdorf
Ein massiver Kabelschaden im Stellwerk schränkt den Bahnverkehr nach Oberstdorf im Allgäu bis auf Weiteres stark ein. Ab Mitte November entfallen die IC-Verbindungen von Hamburg und Dortmund, was für den Tourismus ein herber Schlag ist. Auch umliegende Orte wie das Kleinwalsertal in Österreich, das auf den Anschluss über Oberstdorf angewiesen ist, sind betroffen. Wann die Intercity-Züge wieder fahren, ist nach Angaben der Deutschen Bahn noch offen.
SBB: Internationale Tickets per App
Für Zugreisende in der Schweiz schließt sich eine Lücke im Ticketvertrieb: Internationale Fahrkarten und Reservierungen sind nun auch in der App SBB Mobile buchbar. Das Angebot umfasst Tagesverbindungen in die Nachbarländer Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien sowie die Benelux-Staaten. Weiterhin nicht mobil erhältlich sind dagegen Tickets für Nachtzüge. Die neueste App-Version wird derzeit schrittweise ausgerollt.
Eurostar: Sparen bei Spontan-Trips
Mit dem neuen Angebot Eurostar Snap für Last-Minute-Reisen bietet Eurostar Rabatte von bis zu 50 % auf Zugfahrten nach Brüssel, Paris und London. Der Deal: Ihr legt euch auf das Ziel und den Reisetag fest, mit welchem Zug ihr fahrt, teilt euch Eurostar dagegen erst bis spätestens 48 Stunden vor Abfahrt mit. Für Spontan-Trips eine durchaus interessante Option, insbesondere wenn ihr für An- und Weiterfahrten über einen Bahnpass verfügt.
Schienenmoment 🚞
Fotos, Geschichten, Augenblicke – eure schönsten Eindrücke von unterwegs.

Einen farbenfrohen Schienenmoment erlebte Johanna mit ihrem Sohn und Oma und Opa auf dem Weg in den Familien-Sommerurlaub nach Südengland. Beim Zwischenstopp in Lüttich staunten sie nicht schlecht über den beeindruckenden Bahnhof Liège-Guillemins mit seinem filigranen Dach. Gestaltet wurde er vom spanisch-schweizerischen Architekten Santiago Calatrava.
Ende der Linie 🚉
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