Hallo Zugfans 👋

Und schon ist Juli. Für viele von euch beginnt jetzt die Hauptreisezeit. Auch ich habe mir das ein oder andere vorgenommen – werde am Ende aber wahrscheinlich doch wieder nur Tour de France schauen. Wenn man das ganze Jahr über viel unterwegs ist, freut man sich auch mal über ein paar Wochen zu Hause.

Falls ihr diesen Sommer mit dem Zug verreist: Schickt mir gerne Eindrücke von unterwegs! Vielleicht machen wir dann in ein paar Wochen eine kleine Sonderausgabe mit eurem Zugsommer 2025. Bis es so weit ist, kommt hier eine neue Zugschau.

In dieser Ausgabe:

  • Warum das Nachtzug-Start-up Nox wohl noch einen langen Weg vor sich hat
  • Welchen Schönheitsfehler die neue Direktverbindung von Berlin nach Kopenhagen hat
  • Wie alle unter 27 in diesem Sommer bei Fahrten mit der Deutschen Bahn sparen könen

Noch nicht mit an Bord? Zugpost abonnieren!


Nox, das Nachtzugwunder?

Illustration eines Schlafwagenabteils
So soll es im Nachtzug von Nox einmal aussehen

Nagelneue Nachtzüge, ausschließlich mit privaten Schlafabteilen. Ticketpreise ab 79 Euro. Ein Netz mit über 100 Zielen, von Stockholm bis Barcelona. Und das alles schon ab 2027.

Mit diesen Versprechen hat das Berliner Start-up Nox in den vergangenen Wochen für Aufmerksamkeit gesorgt. Dahinter stehen Thibault Constant, bekannt durch seinen Youtube-Kanal Simply Railway, und Janek Smalla, zuvor bei Flixtrain und einem E-Scooter-Verleiher tätig. Ihre Mission: den europäischen Nachtzugmarkt revolutionieren.

Das Konzept klingt verlockend. Nur Schlafwagen soll es geben – und darin ausschließlich Abteile zur privaten Nutzung, entweder allein oder zu zweit. Die Kabinen sollen kleiner sein als gewohnt, damit mehr davon in einen Wagen passen. So will man komfortables Reisen mit dem Preisniveau von Billigfliegern kombinieren.

Zu schön, um wahr zu sein?

Gegen neue Ideen im Nachtzugbereich ist erstmal nichts einzuwenden. Und mit dem Fokus auf Privatsphäre trifft Nox definitiv einen Nerv. Wer sich durch die Kommentarspalten klickt, merkt schnell: Das Abteil nicht mit Fremden teilen zu müssen, ist für viele das ausschlaggebende Argument, überhaupt einmal selbst in den Nachtzug zu steigen.

Nox: Dein eigenes Zimmer im Zug, zum Preis eines Flugs
Dein eigener Raum an Bord von Nox. Ab 2027 plant Nox ein europäisches Netz an Nachtzügen anzubieten, in dem ausschließlich private Zimmer angeboten werden.

Aber der Teufel steckt wie so oft im Detail. Woher sollen die Wagen kommen? Wie sollen sie in so kurzer Zeit umgebaut und, falls nötig, neu zugelassen werden? Und wer finanziert das alles? Man hat schon ganz andere an diesen Fragen scheitern sehen.

Hier bleibt Nox bislang vage. Dass das Risiko hoch und der Zeitplan ambitioniert ist, geben die beiden Gründer mittlerweile selbst zu. In einem Bericht der Wirtschaftswoche heißt es:

Den Launch wollte Nox vor allem zu Marktforschungszwecken nutzen, um so günstig und schnell an Feedback zu kommen. Mehr als 10.000 Daten habe die junge Firma innerhalb weniger Tage gesammelt, so Smalla.

Kurz gesagt: Die Ankündigung war auch ein Testballon. Oder, anders ausgedrückt: geschicktes PR-Theater. Ja, klappern gehört zum Handwerk – und ohne große Pläne keine Aufmerksamkeit. Aber als Nachtzugfan fragt man sich schon: Werden hier Hoffnungen geweckt, die sich kaum erfüllen lassen?

So ganz scheinen sie bei Nox selbst noch nicht zu wissen, was sie eigentlich sein wollen. Die Zielgruppe: „Young Professionals“, also gut ausgebildete Erwachsene unter 40. Diese sollen abends noch ein wenig am Laptop arbeiten – finden im spartanischen Abteil aber nicht einmal ein Waschbecken vor, geschweige denn eine Dusche. Preislich will man mit Billigfliegern konkurrieren, mit eigenem Personal aber bewusst kein Billiganbieter sein.

Janek Smalla und Thibault Constant sitzen auf einem Tisch
Die Nox-Gründer Janek Smalla und Thibault Constant

Sicher, ein Stück weit gehört das zur DNA eines Start-ups: erstmal losmarschieren, der Rest wird sich schon finden. Aber passt diese Mentalität wirklich zur Eisenbahn, wo alles grundsätzlich länger dauert und komplizierter ist, als man denkt?

Und ist die Fokussierung auf eine relativ schmale Zielgruppe (jung, einkommensstark, kinderlos) wirklich sinnvoll? Der Reiz klassischer Nachtzüge mit Sitz-, Liege- und Schlafwagen liegt doch gerade darin, dass sie die Bedürfnisse vieler in einem Zug bündeln – vom Interrailer über Familien bis zum Geschäftsreisenden.

Meine Prognose: Bevor wirklich ein Zug von Nox am Bahnsteig steht, dürften noch ein paar Jährchen vergehen – wenn dem Projekt nicht vorher die Puste, sprich: das Geld ausgeht.


Auch interessant 📚


Direkt nach Kopenhagen

Blau-weißer ComfortJet-Wagen mit Fahrradsymbol
Der ComfortJet kommt bald auch nach Dänemark

Die Deutsche Bahn hat eine neue Direktverbindung von Prag über Berlin nach Kopenhagen angekündigt. Ab Mai 2026 sollen täglich zwei Zugpaare verkehren, dazu saisonal ein weiteres über Nacht – allerdings ohne Schlaf- oder Liegewagen.

Praktisch gesehen handelt es sich dabei um eine Verlängerung bestehender EuroCity-Züge auf der Relation Prag–Hamburg. Zum Einsatz kommt dabei der neue ComfortJet der Tschechischen Bahn. Die Fahrt zwischen Berlin und Kopenhagen wird rund sieben Stunden dauern – und damit genauso lange wie heute eine Verbindung mit Umstieg in Hamburg.

Als Vorteil bleibt, dass man sich diesen Umstieg künftig sparen kann. Und Reisende zwischen Hamburg und Kopenhagen können sich zumindest auf einigen Verbindungen auf moderne Züge freuen – mit Fahrradstellplätzen und einem Bordbistro. Ja, kein klassischer Plüsch-Speisewagen, aber immerhin.

Doch es gibt einen Schönheitsfehler.

Als jemand, der regelmäßig zwischen Hamburg und Kopenhagen unterwegs ist, weiß ich, wie voll die Züge dort sind. Vor allem im Sommer ist die Lage so angespannt, dass schon vor Jahren eine saisonale Reservierungspflicht eingeführt wurde.

Umso mehr hätte ich mir gewünscht, dass die neuen Verbindungen im Abschnitt Hamburg–Kopenhagen zusätzlich zu den bereits vorhandenen verkehren. Doch genau das ist nicht der Fall. Nach allem, was bisher bekannt ist, werden die tschechischen Züge bestehende Fahrten ersetzen, statt sie zu ergänzen.

53: Umstiege sind kein Bug, sondern ein Feature
In der Krise entdeckt die Deutsche Bahn die Direktverbindungen wieder. Super Sache, oder?

So wird auf der wichtigen Achse praktisch keine zusätzliche Kapazität geschaffen, obwohl sie bitter nötig wäre. Ja, für manch einen ist es sicher von Vorteil, ohne Umstieg nach Kopenhagen fahren zu können. Und ja, der Komfort wird in einigen Zügen steigen.

Aber der große Wurf in Sachen Verkehrsverlagerung auf die Schiene ist das nicht. Den wird es wohl erst geben, wenn eines Tages die Feste Fehmarnbeltquerung in Betrieb geht.


Kurzstrecke 💬

Was gibt es Neues auf Europas Gleisen? Worüber spricht die Zugreise-Community? Das Wichtigste in der Kurzstrecke!

ICE-Flatrate für junge Leute

Neues Angebot: Mit dem 44-Stunden-Ticket Young bietet die Deutsche Bahn im Juli eine Art Wochenend-Flatrate für alle bis 26 Jahre an. Für 44 Euro lassen sich damit von Freitagabend (18 Uhr) bis Sonntagmittag (14 Uhr) beliebig viele Fahrten mit ICE und IC unternehmen – quer durchs Land, ohne Zugbindung. Das Ticket gilt an allen Wochenenden im Juli und ist ausschließlich online über den DB Navigator oder bahn.de buchbar.

Tauerntunnel pünktlich fertig

Trotz technischer Rückschläge sind die Bauarbeiten im Tauerntunnel weitgehend abgeschlossen. Seit November wurde rund um die Uhr gearbeitet, rund 500 Fachkräfte waren im Einsatz. Ab dem 14. Juli soll der Zugverkehr auf der Tauernstrecke wieder regulär rollen. Nach mehr als einem halben Jahr Pause kehren damit auch die Nachtzüge von München nach Rom und La Spezia sowie von Stuttgart nach Venedig zurück.

Neue Nightjets für Amsterdam

Die ÖBB haben ihre Nachtzüge in die Niederlande auf den Nightjet der neuen Generation umgestellt. Seit Ende Mai kommen die modernen Züge nun auch auf den Strecken Wien–Amsterdam und Innsbruck–Amsterdam zum Einsatz. Damit lässt sich erstmals auch in der Mini Cabin nach Amsterdam reisen. Der neue Nightjet ist damit nun auf sieben Linien unterwegs. Neben Amsterdam, Wien und Innsbruck gehören auch Hamburg, Bregenz und Rom zu den Zielen.

Mini Cabin: Mein erstes Mal Nachtzug-Kapsel
Wie ist es, in einer winzigen Schlafkapsel durch die Nacht zu rauschen? Ich habe es ausprobiert!

Weiter warten in Serbien

Die Wiedereröffnung der Strecke Novi Sad–Subotica, Teil der künftigen Schnellverbindung Budapest–Belgrad, verzögert sich weiter. Serbiens Präsident Vučić kündigte an, dass der Personenverkehr nun erst Ende August starten soll. Hintergrund dürfte ein interner Bericht sein, der auf gravierende Mängel hinweist, darunter instabile Böschungen und defekte Weichen. Ursprünglich war die Inbetriebnahme für Anfang Juli geplant.

Schweden sucht Nachtzugbetreiber

Will niemand die Nachtzüge nach Nordschweden betreiben? Auf die Ausschreibung der Strecken von Stockholm nach Narvik und Luleå ging jedenfalls kein einziges Angebot ein. Derzeit fährt dort die frühere Staatsbahn SJ, die Neuvergabe betrifft die Zeit ab Dezember 2026. Das Aus für die beliebten Linien ist das aber noch nicht – laut dem Portal Järnvägar.nu spekuliert die SJ womöglich auf eine neue Ausschreibungsrunde mit besseren Konditionen.


Schienenmoment 🚞

Fotos, Geschichten, Augenblicke – eure schönsten Eindrücke von unterwegs.

Ausblick aus dem Führerstand

Die inzwischen eingestellten Schmalspurbahnen auf der Peloponnes waren vor ein paar Monaten schon einmal Thema im Schienenmoment. Daraufhin schrieb mir Stefano aus Freiburg und erinnerte sich an eine ganz besondere Fahrt:

Ich hatte 1988 das Glück, im Führerstand mitfahren zu dürfen. Es war ein großartiges Erlebnis – nicht nur wegen der spektakulären Ausblicke von vorn, sondern auch wegen der Gespräche mit den Eisenbahnern. Ich erinnere mich noch gut an das Geräusch der mechanischen Schaltung, als wir die steilen Hänge von Kalamata hinauf in Richtung Tripoli erklommen.

Vielen Dank, lieber Stefano, für diese Eindrücke!

📸
Ihr habt auch einen Schienenmoment erlebt, den ihr mit der Zugpost-Community teilen möchtet? Dann schickt mir ein Foto zusammen mit ein paar Worten dazu an sebastian@zugpost.org.

Ende der Linie 🚉

Das war die 55. Ausgabe der Zugschau – der rollende Nachrichtenblick der Zugpost. Hat es euch gefallen? Dann empfehlt die Zugpost gerne weiter!

  • Fragen, Anregungen, Kritik? Antwortet auf diese E-Mail. Folgt der Zugpost auch gerne auf Bluesky, Mastodon und Instagram.
  • Supporter werden! Dieser Newsletter existiert nur durch euch. Wie ihr die Zugpost unterstützen könnt, erfahrt ihr hier.

Noch nicht mit an Bord? Zugpost abonnieren!