Zugpost Oktober 2022

Neue Fahrpläne, gestellte Weichen und die Mutter aller Ticket-Tricks. Mit der Zugpost durch den Herbst.

Zugpost Oktober 2022
Was gibt es Neues zum Fahrplanwechsel im Dezember? Die Zugpost wirft einen Blick voraus.

Hallo Zugfans 👋

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Das gilt für den neuen Fahrplan, der uns in sieben Wochen erwartet, wie für den Blog und diesen Newsletter. Im kommenden Jahr wird sich einiges verändern, und gerade werden die Weichen gestellt. Mehr kann ich noch nicht verraten, aber es wird großartig!

Die Arbeiten im Stellwerk sind auch der Grund, warum diese Ausgabe der Zugpost einen Tick später und einen Tick kompakter daher kommt, als ihr es gewohnt seid. Aber ihr verpasst natürlich trotzdem nichts. Zum Beispiel die vielen guten Nachrichten, die uns derzeit in Sachen Nachtzug erreichen.

Nach einer kurzen Pause ist auch Lennart wieder am Start. In seiner Fahrkarten-Kolumne greift er einmal mehr in die Trickkiste und verrät er euch einen echten Klassiker – den „Chiasso-Trick“, mit dem ihr unschlagbar günstig nach Italien kommt.

Viel Spaß beim Lesen wünscht

Sebastian

Nachtzüge für Stuttgart und Dresden

Im Juli hatte die Zugpost schon über erste Hinweise berichtet, nun steht es fest: Der Nachtzug kommt zurück nach Stuttgart. Vom Fahrplanwechsel im Dezember an werden die ÖBB ihre Nightjet-Züge von München nach Venedig bereits in der baden-württembergischen Landeshauptstadt starten lassen. Abfahrt am Stuttgarter Hauptbahnhof ist um 20:29 Uhr. Nach den Halten in Göppingen und Ulm geht es dann via Augsburg nach München. Der Nightjet wird den Münchener Hauptbahnhof künftig um 23:43 Uhr verlassen und damit gut 20 Minuten später als bisher. Ankunft am Bahnhof Venezia Santa Luzia ist um 08:34 Uhr.

In Gegenrichtung startet die Fahrt um 21:05 Uhr, Stuttgart wird am nächsten Morgen um 08:37 Uhr erreicht. Was aus Stuttgarter Perspektive ideale Nachtzug-Zeiten sind, dürfte man in München weniger erfreut zur Kenntnis nehmen: Hier ist die Ankunft am Hauptbahnhof künftig bereits um 06:02 Uhr.

Doch damit nicht genug. Vereinigt mit dem Nightjet nach Venedig starten in Stuttgart künftig auch die Wagengruppen nach Budapest (an 09:19 Uhr) über Wien und Zagreb (an 10:30 Uhr), welche von der ungarischen bzw. kroatischen Bahn betrieben werden. In der Sommersaison dürfte auch der Schlafwagen nach Rijeka seine Reise bereits in Stuttgart beginnen, hier stehen letzte Details aber noch aus.

Eine Rückkehr feiert der Nachtzug zum Fahrplanwechsel auch in Dresden. Möglich wird das durch einen neuen EuroNight der Tschechischen Bahn von Prag nach Zürich. Nach der Abfahrt in Prag um 18:25 Uhr und einer Fahrt durch das Elbtal verlässt der Zug Dresden Hbf um 21:10 Uhr. Von dort geht es dann über Leipzig, Erfurt, Frankfurt, Karlsruhe und Freiburg in die Schweiz. Basel SBB wird um 07:20 Uhr erreicht, Endstation am Zürcher Hauptbahnhof ist um 09:05 Uhr. In Gegenrichtung startet die Fahrt in Zürich um 19:59 Uhr, Ankunft in Dresden ist um 07:05 Uhr. Die Endstation in Prag ist um 09:35 Uhr. Neben dieser neuen Verbindung bleibt der bereits bekannte Kurswagen Prag–Zürich über Linz erhalten.

Neues zum Fahrplanwechsel

Neben den neuen Nachtzügen für Stuttgart und Dresden gibt es zum alljährlichen Fahrplanwechsel viele weitere Neuerungen im europäischen Zugverkehr. Hier ein Überblick, was euch ab dem 11. Dezember erwartet.

  • Nightjets nach Zürich künftig solo. Die Nightjets Hamburg–Zürich und Berlin–Zürich, bislang ab Hildesheim vereint unterwegs, verkehren künftig als separate Züge mit eigenen Ankunfts- und Abfahrtszeiten in Zürich. Mit der getrennten Führung können die ÖBB mehr Wagen auf den beliebten Strecken bereitstellen. Neu außerdem: Der Hamburger Zugteil verkehrt ab Dezember in beiden Richtungen über Bremen, der Halt in Lüneburg entfällt.
  • Mailand-Nightjets bis Genua verlängert. Die Nightjets von Wien und München nach Mailand werden bis Genua verlängert. Neue Endstation der ab Villach gemeinsam verkehrenden Zugteile ist der Bahnhof Genova Piazza Principe, die Ankunft dort ist um 09:15 Uhr. Achtung: Durch die neue Linienführung werden die Nightjets in Mailand künftig nur noch am Bahnhof Milano Rogoredo am südöstlichen Stadtrand halten.
  • Ein Eurocity für Rostock. Die Hansestadt Rostock erhält wieder eine Direktverbindung mit Prag. Dazu wird ein Eurocity-Zugpaar der Relation Prag–Berlin an die Ostsee verlängert. Das Wagenmaterial wird wie gewohnt von der Tschechischen Bahn gestellt, planmäßig mit an Bord ist ein Speisewagen. Abfahrt von EC 178 in Prag ist um 06:25 Uhr, Ankunft in Rostock um 13:26 Uhr. Der Gegenzug EC 179 verlässt Rostock um 14:31 Uhr und erreicht Prag um 21:35 Uhr. Achtung, Fahrplan noch unter Vorbehalt!
  • Mehr EC-Züge nach Warschau. Der Zugverkehr zwischen Berlin und Warschau wird um ein weiteres Zugpaar verstärkt. Mit Ausnahme einer Taktlücke am Morgen ergibt sich damit werktags ein Zweistundentakt mit täglich sechs Verbindungen pro Richtung, am Wochenende sind es fünf. Nach einigen Namenswechseln werden die Eurocity-Züge künftig außerdem wieder einheitlich als Berlin-Warszawa-Express bezeichnet.
  • Neubaustrecke Wendlingen–Ulm startet. In Südwestdeutschland kommt es auf der Achse Stuttgart–München durch die Eröffnung der 60 Kilometer langen Neubaustrecke Wendlingen–Ulm zu Fahrzeitgewinnen von 15 bis 20 Minuten. Zunächst wird nur ein Teil der Fernzüge über die neue Strecke geleitet, der andere Teil fährt weiterhin über die Bestandsstrecke via Göppingen. Die Strecke ist Teil des Bahnprojekts Stuttgart 21 und gehört zur „Magistrale für Europa“ zwischen Paris und Budapest/Bratislava.
  • Bahnfahren wird teurer. Inflation und hohe Energiepreise zwingen viele Bahnen in Europa, ihre Preise zu erhöhen. Bei der Deutschen Bahn beträgt die Preissteigerung über alle Angebote durchschnittlich 4,9 Prozent, beim Flexpreis sind es im Schnitt sogar 6,9 Prozent. Auch in Österreich muss man künftig tiefer in die Tasche greifen. Fahrkarten der ÖBB werden in der 2. Klasse durchschnittlich um 3,9 Prozent teurer. Stabil bleiben die Preise hingegen in der Schweiz. „Die Preise für 2023 bleiben, wie sie heute sind“, versprach SBB-Chef Vincent Ducrot in einem Interview im August.

Lennarts Fahrkarten: Günstig über die Alpen

Der Herbst ist die perfekte Reisezeit für Norditalien. Die großen Touristenströme sind versiegt, dafür führen die Flüsse wieder Wasser und das Wetter ist oft angenehm. Und auch die Sparpreise sind wieder günstiger. Nach Norditalien gibt es drei Routen, die alle sehr günstig zu befahren sind: die Gotthard-Route durch den längsten Eisenbahntunnel der Welt, die Brenner-Route durch Tirol und die Tauern-Route über Salzburg und Villach.

Auf den beiden letztgenannten reicht für den perfekten Sparpreis die Kenntnis über die Verbindung und das Reiseziel. So geht es über den Brenner im November regelmäßig für 29,90 € von München nach Verona, Venedig oder Bologna. Mit Anschluss ab Hamburg oder Berlin sind es 49,90 €. Ihr findet diese Züge am einfachsten, wenn ihr „München Hbf“ als Via-Bahnhof eingebt (Empfehlung: Aufenthalt von mindestens 30 Minuten einplanen zur Anschlusssicherung) und von München ans Ziel „nur Direktverbindungen“ auswählt. Auf der Tauern-Route geht es nach Udine, Venedig und Triest für ca. 40 €. Diese Züge findet ihr mit via „Villach“. Allerdings startet der günstigste Zug schon um 6:22 Uhr in München Hbf – wer aus dem Norden kommt, kann also in München einen Zwischenstopp von 12 Stunden per „via“ eintragen und so auf einem Ticket an zwei Tagen reisen.

Bleibt noch die Gotthard-Route – die klassische Route durch die Schweiz in die Metropole und Drehscheibe Mailand. Hier müsst ihr eine Besonderheit beachten, nämlich dass es kaum durchgehende Sparpreise von Deutschland nach Italien auf dieser Route gibt. Und wenn doch, sind sie teuer. Dabei ist die Verbindung auch mit Umstieg in der Schweiz völlig problemlos. Von Stuttgart nach Genua geht es zum Beispiel mit nur einem Zugwechsel in Zürich.

Um Verbindungen wie diese günstig nutzen zu können, hilft euch der „Chiasso-Trick“: Alle EC-Züge von Zürich nach Mailand halten am schweizerisch-italienischen Grenzbahnhof – und genau bis dorthin gilt auch der DB-Sparpreis ab 29,90 €. Für die restliche Fahrt ab Chiasso kauft ihr dann ein zweites Ticket bei der italienischen Trenitalia. Das kostet nach Mailand im Regionalverkehr 5 €, im EuroCity (so dass ihr im Zug sitzen bleiben könnt) ab 10,90 € und bis nach Genua ab 20,90 €.

Mitte November haben wir auf diesem Weg reichlich Tickets zum günstigsten Preis ab 29,90 € von Stuttgart oder Köln nach Chiasso gefunden, ab Hamburg oder Berlin waren es 39,90 €. Übrigens: Mit der italienischen Bahn könnt ihr von Chiasso dann auch Tickets mit Umstieg in Mailand nach ganz Italien buchen. So geht es dann weiter nach Ligurien, Rom oder im Nachtzug nach Süditalien. Da italienische Nachtzüge günstig sind (ab 80 € in der Schlafwagen-Einzelkabine!), kommt ihr mit dem Chiasso-Trick für 110 € pro Person inklusive Schlafwagen bis nach Sizilien.

Noch ein letzter Tipp: Wer in Italien Anschlüsse dazu bucht, sollte schon in Basel oder Zürich ein bis zwei Stunden Puffer einplanen, damit alles glatt geht. Auch das geht bequem mit der „via“-Funktion der DB. Aufgrund des Schweizer Taktfahrplans immer „knapp“ die gewünschte Zeit eintragen (zum Beispiel 1:20 h), damit das System den korrekten Übergang nach 1:30 h ausspuckt.

In diesem Sinne: Auf nach Italien – buon viaggio!

Lennart Fahnenmüller ist Bahnnerd und ein echter Fahrkarten-Fuchs. Wenn er sein Wissen nicht gerade auf Twitter oder in der Zugpost teilt, arbeitet er als Berater für den ÖPNV.


Kurzstrecke

Updates, News und Fundstücke – alles, was sich sonst noch auf und neben Europas Gleisen tut, in der Kurzstecke.

Caledonian Sleeper sucht neuen Betreiber

Schottland beendet im Juni 2023 vorzeitig den Franchise-Vertrag über den Betrieb des Caledonian Sleeper. Ursprünglich war der Nachtzug zwischen London und verschiedenen schottischen Zielen bis 2030 an das Unternehmen Serco vergeben worden. Zuletzt gab es immer wieder Kritik an den Arbeitsbedingungen an Bord. Wie es mit den für Schottland wichtigen Nachtzügen weiter geht, ist derzeit unklar. Denkbar ist eine Überführung in öffentliches Eigentum. Erst im Frühjahr hatte die Schottische Regierung die Bahngesellschaft Scotrail wieder verstaatlicht. [Mehr Infos]

SBB stellt neue App vor

Die App der Schweizer SBB hat ein Relaunch erhalten. Neben einem frischen Design gibt es neue Funktionen wie individuell zugeschnittenen Fahrpläne und Push-Meldungen. Mit 3,5 Millionen aktiven Installationen gehört „SBB Mobile“ zu den meistbenutzten Apps der Schweiz und ist für die SBB mittlerweile wichtigster Vertriebskanal. Für Neuinstallationen ist das Update ab sofort im App Store von Apple und auf Google Play verfügbar. Für Bestandskunden soll der Roll-out schrittweise bis November 2022 über die automatische Aktualisierung erfolgen. [Mehr Infos]

Zugverkehr Sarajevo–Zagreb vor Rückkehr

Die Anzeichen verdichten sich, dass Sarajevo bald wieder mit dem Zug von Zagreb aus erreichbar ist. Wie Radio Sarajevo berichtet, verhandeln die beteiligten Bahnen derzeit über eine Aufnahme des Betriebs zum 11. Dezember. Die einfache Fahrt von Sarajevo nach Zagreb soll umgerechnet knapp 30 € kosten. Im Sommer war saisonal bereits der Verkehr von Sarajevo in die kroatische Hafenstadt Ploče wieder aufgenommen worden. An 11 Wochenenden beförderte die bosnische Željeznice FBiH insgesamt 4.666 Fahrgäste auf der Strecke. [Mehr Infos]

Weiter keine Schlafwagen nach Stockholm

Die Inbetriebnahme der Schlafwagen im Nachtzug zwischen Hamburg und Stockholm lässt weiter auf sich warten. Behörden in Dänemark hatten der schwedischen SJ den Betrieb der von RDC Deutschland gestellten Wagen zur Aufnahme des Verkehrs im September untersagt. Nun sei es zu neuen Verzögerungen in der Zulassung gekommen, sagte ein SJ-Sprecher. Vor Mitte November sei nicht mit einem Einsatz zu rechnen. Ebenfalls betroffen sind die Sitzwagen, so dass der EuroNight weiterhin nur mit ein bis drei Liegewagen verkehrt. [Mehr Infos]