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Nun aber nach Schweden.
Für Nachtzugfans geht es im Land von Bullerbü seit einiger Zeit drunter und drüber. Vor vier Jahren stieg die Norwegische Bahn in den schwedischen Markt ein und übernahm die prestigeträchtigen Nachtzüge von Stockholm nach Narvik und Luleå. Nach einem holprigen Start und ständigen Problemen mit Entgleisungen auf der Erzbahn schien sich die Situation zuletzt stabilisiert zu haben.
Und doch hieß es im Frühjahr: Die Norweger steigen wieder aus, nehmen die übliche Vertragsverlängerung für den Betrieb nicht wahr. Das Ende für die legendären Züge? Die schwedische Verkehrsbehörde bereitete eine Notvergabe für die kommenden zwei Jahre vor. Im Juli wurde dann bekannt, dass die schwedische Staatsbahn SJ einspringt und die Züge ab Dezember 2024 betreibt. So weit, so glimpflich.
Am Montag dann die Hiobsbotschaft: Die SJ stellt im Gegenzug alle Nachtzugverbindungen von und nach Göteborg ein. Im Dezember trifft es zunächst die Strecke nach Umeå, im April 2025 soll dann auch der Nachtzug von Göteborg nach Åre und Duved letztmalig fahren. Schwedens zweitgrößte Stadt und der gesamte Westen des Landes werden damit vom Nachtzugverkehr abgekoppelt. Ein Schock für die Region Västra Götaland und den Tourismus in Nordschweden.
Bemerkenswert ist, was eine Sprecherin der SJ im schwedischen Rundfunk dazu sagte. Es liegt nicht an der Nachfrage, die sei hoch. Und doch lasse sich nicht genug Gewinn mit den Zügen einfahren. Im Gegensatz zu anderen Strecken betreibt SJ die Nachtzüge ab Göteborg eigenwirtschaftlich, also ohne staatliche Zuschüsse. Für die Bahn ist es deshalb lukrativer, Wagen und Personal aus Göteborg abzuziehen und auf subventionierten Strecken einzusetzen.
Ich finde das wirklich schade. Erst im Mai berichtete ich über eine Nachtzugfahrt von Umeå nach Göteborg. Ich bin immer gern in Göteborg und finde die Fahrzeiten im Vergleich zu den Zügen ab Stockholm deutlich angenehmer. Überhaupt: Wir leben in einer Zeit, in der wir nicht weniger, sondern mehr Nachtzüge brauchen. Das Ganze ist ein Lehrbuchbeispiel dafür, was passiert, wenn man eine Eisenbahn ihres eigentlichen Zweckes – den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen nachzukommen – beraubt und sie stattdessen einem aus Fahrgastsicht nachrangigen Ziel unterordnet: den Profit zu maximieren.
Inzwischen gibt es eine Petition gegen die Streichung, die bereits innerhalb eines Tages über 20.000 Unterschriften gesammelt hat. Vor ein paar Jahren standen die Göteborg-Nachtzüge schon einmal vor dem Aus und konnten in letzter Minute gerettet werden. Ich hoffe, dass auch diesmal das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.
Dass es auch anders geht, zeigen Anbieter wie Snälltåget und European Sleeper, die bald neue Ziele in ihr Nachtzugprogramm aufnehmen. Mehr dazu lest ihr in der Kurzstrecke weiter unten.
Habt eine schöne Restwoche!
– Sebastian