Es ist der Morgen des 25. Mai 2021. Auf dem Hausbahnsteig des Bahnhofs Amsterdam Centraal hat sich eine kleine Delegation versammelt. Darunter sind Vetreter der niederländischen Bahn, aber auch Nachtzug-Freunde aus ganz Europa. Um kurz nach halb elf ist es dann so weit: Der erste Nightjet aus Wien rollt in die Bahnhofshalle ein. Mit an Bord sind Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler und ÖBB-Chef Andreas Matthä.

Was sie erleben, ist ein lang ersehnter Moment. Denn als sich die Türen von Nightjet 40490 öffnen, ist der Nachtzug nach einer Pause von mehr als vier Jahren zurück in den Niederlanden.

Zugfan David Ecker war bei der Premierenfahrt von Wien nach Amsterdam dabei. Er berichtet hier in Zitaten und Fotos von seinen Eindrücken.

Nachtzug kehrt in die Niederlande zurück

Als Nachtzug-Ziel hat Amsterdam eine lange Geschichte. So war die niederländische Hauptstadt stets Fixpunkt im Netz der City Night Line der Deutschen Bahn. Der Niedergang begann 2014, als die Verbindungen von Prag, Warschau und Kopenhagen gestrichen wurden. Im Dezember 2016, mit dem endgültigen Aus der DB-Nachtzüge, war es auch für die Linien ab München und Zürich vorbei. Seitdem gab es nur noch privaten Saisonverkehr wie Wintersportzüge in die österreichischen Alpen.

Nun also das Comeback mit dem Nightjet der ÖBB. Möglich wurde das auch durch die niederländische Regierung, die den Nachtzug mit 6,7 Millionen Euro unterstützt. Der Start der neuen Verbindung war eigentlich bereits zum Fahrplanwechsel geplant, musste wegen der Corona-Pandemie aber um knapp sechs Monate verschoben werden. Am 24. Mai ist es dann so weit: Der erste Nightjet nach Amsterdam steht in Wien zur Abfahrt bereit.

Der Wiener Hauptbahnhof ist in blaues Licht getaucht, ÖBB-Fahnen flankieren eine kleine Bühne. Bevor der erste Nightjet nach Amsterdam auf die Reise geht, halten Ehrengäste ihre Ansprache.

Wien, 19:49 Uhr

Planmäßig legt der Nightjet nach Amsterdam die Gesamtstrecke ab Wien in 13 Stunden und 45 Minuten zurück. Bei der Premiere dauert es etwas länger – Grund sind Bauarbeiten und eine Umleitung über Venlo. Der Nachtzug verfügt außerdem über einen Zugteil aus Innsbruck, welcher über München nach Amsterdam geführt wird. Beide Zugteile sind täglich unterwegs.

Drei Personen vor dem Nightjet nach Amsterdam
Verkehrsministerin Leonore Gewessler freut sich über den ersten Nightjet nach Amsterdam (Foto: David Ecker)

Die Route: Von Wien, Innsbruck und München nach Amsterdam

Mit dem Nachtzug nach Amsterdam haben die ÖBB keinen komplett neuen Zuglauf auf die Beine gestellt. Vielmehr handelt es sich um eine Verlängerung des Nightjets nach Düsseldorf. Dieser wird nun weiter über Duisburg und Emmerich in die Niederlande geführt. Weitere Zwischenhalte in den Niederlanden sind Arnhem und Utrecht.

Einen Großteil der Strecke legt der Nightjet nach Amsterdam in Deutschland zurück. Das macht ihn interessant für alle, die aus Süddeutschland in die Niederlande, oder aber auch ins Rheinland reisen möchten. So macht der Zugteil aus Wien in Passau und Regensburg Station, der Innsbrucker Zugteil in Rosenheim, München und Augsburg. Mitten in der Nacht werden die beiden Zugteile in Nürnberg vereinigt. Von dort fahren sie dann gemeinsam über Frankfurt, Köln und Düsseldorf nach Amsterdam.

In Nürnberg schlägt die Stunde der Rangierer. In knapp 20 Minuten formen sie aus den Teilzügen aus Wien und Innsbruck zwei neue Nightjets nach Amsterdam und Hamburg. Es geht einmal kurz hin und her, dann geht ein kleiner Ruck durch den Zug, als Wagen auf Wagen trifft.

Nürnberg, 1:16 Uhr

An drei Tagen in der Woche ist die Wagenschlange, die sich am Wiener Hauptbahnhof auf die Reise macht, besonders lang. Neben dem täglichen Zugteil nach Hamburg hängt dann auch noch der zum vergangenen Jahr eingeführte Nachtzug nach Brüssel am Haken. Damit erreichen die ÖBB das mögliche Maximum von 14 Wagen – mehr Nachtzug geht nicht.

Zuglaufschild am Nightjet nach Amsterdam
Der ÖBB-Nachtzug nach Amsterdam verfügt über Zugteile aus Wien und Innsbruck (Foto: David Ecker)

Komfort an Bord

Im Nightjet nach Amsterdam gibt es drei Komfortkategorien: Schlafwagen, Liegewagen und Sitzwagen.

Schlafwagen: Hotel auf Schienen

Ein Abteil im Schlafwagen verfügt über drei Betten und kann in Einzel-, Doppel- oder Dreierbelegung gebucht werden. Jedes Bett wird vor der Fahrt frisch bezogen, kleine Erfrischungen und Hygieneartikel liegen bereit. Pro Schlafwagen gibt es zwei Deluxe-Abteile, die über ein eignes Bad mit Dusche und WC verfügen. Standard-Abteile haben eine Waschgelegenheit, Toiletten und Dusche befinden sich am Wagenende.

Zum besonderen Service im Schlafwagen gehört das reichhaltige Frühstück. Dazu wählt ihr am Abend aus einer Liste von Komponenten wie Backwaren, Aufschnitt, Käse und Heißgetränken aus. Am nächsten Morgen wird das Frühstück vom Serviceteam ins Abteil gebracht, zum Essen wird ein kleines Tischchen ausgeklappt.

Aufwachen an der niederländischen Grenze. Ich schiebe die Jalousie hoch und bleibe noch etwas im Bett liegen. Als ich den ersten blau-gelben Triebwagen der niederländischen Bahn erblicke, ist es wieder da: das Nachtzug-Gefühl.

Venlo, 8:41 Uhr

Liegewagen: Der Kompromiss

Der Liegewagen ist der Kompromiss zwischen Komfort und Preis. Abteile im Liegewagen gibt es mit vier oder sechs Betten. Anders als im Schlafwagen müsst ihr das Bett selbst beziehen, dazu liegen Laken, Kopfkissen und Decke bereit. Toiletten und Waschräume befinden sich am Ende des Wagens. Auch im Liegewagen ist ein kleines Frühstück, bestehend aus Brötchen, Konfitüre und einem Heißgetränk, im Preis inbegriffen. Wer mit Familie oder Freunden unterwegs ist, kann ein Privatabteil buchen.

Sitzwagen: Für Sparfüchse

Der Sitzwagen ist das Basisangebot für alle, die besonders günstig reisen möchten. In den Zügen des ÖBB Nightjet kommen Abteilwagen mit sechs Sitzplätzen pro Abteil zum Einsatz. Auch hier könnt ihr ein privates Abteil für euch und eure Mitreisenden buchen.

Fahrkarten und Preise

Der Preis für die Fahrt mit dem Nachtzug nach Amsterdam richtet sich neben der Komfortkategorie vor allem nach dem Zeitpunkt der Buchung. Generell gilt, dass frühzeitiges Buchen den besten Preis sichert. Besonders günstig sind die sogenannten Sparschiene-Tickets. Wie beim Sparpreis der Deutschen Bahn handelt es sich bei der ÖBB Sparschiene um ein kontingentiertes Angebot, das heißt: first come, first served.

Für einen Platz im Sitzwagen starten die Preise bei 29,90 Euro, ein Privatabteil im Sitzwagen gibt es ab 99 Euro. Ein Platz im Liegewagen kostet ab 49,90 Euro im 6er-Abteil und 59,90 Euro im 4er-Abteil. Ein Privatabteil im Liegewagen bieten die ÖBB ab 199 Euro an. Für eine Fahrt im Schlafwagen müsst ihr etwas tiefer in die Tasche greifen. Los geht es bei 89,90 Euro im 3er-Abteil, 109,90 Euro im 2er-Abteil und 159,90 Euro im Einzelabteil.

Nach rund 1.200 Kilometern erreichen wir den Bahnhof Amsterdam Centraal. Ein roter Teppich ist ausgerollt, Blumen werden überreicht. Die Niederlande sind zurück auf Europas Nachtzugkarte!

Amsterdam, 10:44 Uhr

Die Fahrkarten lassen sich am einfachsten über die Seite nightjet.com der ÖBB buchen. Ebenfalls gibt es die Tickets auf der DB-Website oder – ganz klassisch – vor Ort am Fahrkartenschalter.

Den Nightjet nach Amsterdam könnt ihr auch mit einem Interrail-Ticket nutzen. Wie bei Nachtzügen üblich deckt Interrail jedoch lediglich die reine Fahrstrecke ab. Für den Platz im Sitz-, Liege- oder Schlafwagen müsst ihr zusätzlich noch eine Reservierung vornehmen. Reservierungen gibt es online auf der Website der ÖBB oder am Fahrkartenschalter.

Mehr Nachtzüge geplant

Der Nightjet von Wien und Innsbruck ist nur der erste Schritt zur Rückkehr von Amsterdam auf die europäischen Nachtzugkarte. So haben die ÖBB bereits angekündigt, dass zum Fahrplanwechsel im Dezember 2021 ein weiterer Nightjet von Zürich über Basel nach Amsterdam folgen wird. Dieser Zug wird in Kooperation mit den SBB betrieben und soll täglich zwischen der Schweiz und den Niederlanden verkehren.

Neben den Staatsbahnen wollen auch private Anbieter neue Nachtzüge im Benelux-Raum an den Start bringen. So plant das Start-up European Sleeper in Zusammenarbeit mit dem tschechischen Betreiber RegioJet ab April 2022 gemeinsam einen Nachtzug von Brüssel über Berlin nach Prag anzubieten. Neben Antwerpern und Rotterdam soll dieser auch in Amsterdam Station machen.

Damit ist klar: In nächster Zukunft wird es noch mehr Gelegenheiten geben, einen neuen Nachtzug am Hauptbahnhof von Amsterdam zu begrüßen. Das ist eine gute Nachricht – nicht nur für 17 Millionen Niederländerinnen und Niederländer, sondern auch für ganz Europa, das über Nacht Stück für Stück wieder zusammenwächst.


Nightjet nach Amsterdam

Strecken:

  • Wien – Passau – Köln – Düsseldorf – Utrecht – Amsterdam
    Zugnummer: NJ 40490 / NJ 40421
  • Innsbruck – München – Köln – Düsseldorf – Utrecht – Amsterdam
    Zugnummer: NJ 420 / NJ 421

Komfort an Bord:

  • Sitzwagen (ab 29,90 Euro)
  • Liegewagen (ab 49,90 Euro)
  • Schlafwagen (ab 89,90 Euro)

Weitere Infos:

  • Fahrradmitnahme nicht möglich
  • Kein Autotransport

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf dem Blog „Train Tracks“ und ist bei der Zugpost archiviert.