Im Caledonian Sleeper nach Schottland

Der Caledonian Sleeper gilt als einer der besten Nachtzüge in Europa. Ob er hält, was er verspricht, erfahrt ihr in der Zugpost.

Caledonian Sleeper vor einem Bergpanorama

Hallo Zugfans 👋

Heute melde ich mich von unterwegs, aus dem wunderschönen Schottland. Hier bin ich gerade mit meiner Freundin auf Magical Mysterail Tour, unserer fantastischen kleinen Zugreise durch Großbritannien.

Wie wir nach Schottland gekommen sind? Natürlich mit dem Nachtzug! Und zwar mit einem ganz besonderen: dem Caledonian Sleeper. Sein Name fällt immer wieder, wenn es um den besten Nachtzug Europas geht.

Hält er das Versprechen?

Darum geht es in dieser Ausgabe der Zugpost. Ich möchte euch den Caledonian Sleeper vorstellen und über unsere ganz persönlichen Erfahrungen berichten.

Dazu gibt es das Wichtigste der Woche in der Kurzstrecke. Und dann habe ich noch eine gute Nachricht für alle, die wie ich ihr Interrail-Ticket aus dem Jubiläums-Sale zu spät aktiviert haben.

Viel Spaß beim Lesen!


Willkommen in Euston

Ein elegantes Tweed-Jackett. Ein wunderbarer schottischer Akzent. Und eine große Portion Witz und Herzlichkeit.

So wurden wir an Gleis 1 des Bahnhofs London Euston von unserem Host begrüßt. Er stand vor einem Schlafwagen mit Fahrtziel Fort William, unserem Zuhause für die Nacht. Auf dem Weg über den Bahnsteig hatten wir schon drei seiner ebenso freundlichen Kolleginnen und Kollegen kennengelernt.

Stationsschild Euston Station
Der Caledonian Sleeper startet am Bahnhof London Euston
Empfangshalle Bahnhof Euston
London Euston an einem Montagabend im April

Was für ein Kontrast.

Beim Eurostar, der uns nach London gebracht hatte, waren wir noch kurz vor der Abfahrt wieder aus dem Zug gejagt worden. Ein Problem mit dem Sicherheitscheck, wir mussten die gesamte Prozedur aus Gepäckkontrolle, Ausreise und Einreise noch einmal über uns ergehen lassen. Das Zugpersonal glänzte durch Abwesenheit, Informationen flossen nur langsam.

Ganz anders beim Caledonian Sleeper. Dass Service hier großgeschrieben wird, hatten wir schon lange vor der Reise gemerkt. Zweimal mussten wir unsere Buchung ändern – einmal die Komfortkategorie, einmal das Reisedatum. Das Support-Team reagierte blitzschnell und machte unsere Wünsche anstandslos möglich.

Dieser gute Eindruck sollte sich in den kommenden gut zwölf Stunden nur bestätigen, so viel sei verraten.

Highland und Lowland Sleeper

Doch zunächst zu den Basics.

Unter dem Namen Caldonian Sleeper betreibt das Unternehmen Serco zwei Nachtzüge von London zu verschiedenen Zielen in Schottland. Beide Züge bestehen aus mehreren Zugteilen. Sie verkehren täglich, außer samstags.

Wir waren im Highland Sleeper unterwegs. Er verlässt London um kurz nach 21 Uhr und führt Zugteile nach Aberdeen, Fort William und Inverness. Frühmorgens wird der Zug in Edinburgh geteilt. Über verschiedene Strecken in Schottland erreichen die Zugteile ihre Ziele dann am Vormittag.

Unser Zugteil nach Fort William fährt über die West Highland Line, die als schönste Bahnstrecke Großbritanniens gilt. Fort William liegt am Fuß des Ben Nevis und ist ein klassisches Tor zur schottischen Wildnis. Wir fuhren allerdings nicht ganz bis zur Endstation, sondern unser Ziel war ein ganz besonderer Bahnhof: Corrour.

Anzeige im Caledonian Sleeper mit Zugziel "Fort William"
Unser Zugteil fuhr nach Fort William in den westlichen Highlands

Auch die anderen Routen des Highland Sleeper haben ihren Reiz. Nach Inverness geht es auf der zentralen Highland Main Line über den höchsten Punkt im britischen Eisenbahnnetz, während auf der Küstenstrecke nach Aberdeen das Meer den Ton angibt.

Der zweite Nachtzug heißt Lowland Sleeper und führt Zugteile nach Glasgow und Edinburgh. Die Zugteilung erfolgt im Bahnhof Carstairs. Da die Strecken des Lowland Sleeper deutlich kürzer sind, ist die Abfahrt in London erst gegen Mitternacht. Was Wagenmaterial und Service betrifft, sind beide Züge des Caledonian Sleeper identisch.

Tipp: Wenn ihr euch einmal im Leben das Erlebnis Caledonian Sleeper gönnt, solltet ihr wegen der längeren Fahrzeit und der schöneren Strecken unbedingt auf einer der Highland-Routen unterwegs sein.

Komfort an Bord

Die Wagen des Caledonian Sleeper wurden 2019 in Dienst gestellt, sind für Nachtzug-Verhältnisse also brandneu. Beide Züge sind stolze 16 Wagen lang und bestehen zum weitaus größten Teil aus Schlafwagen.

In den Schlafwagen gibt es drei Komfortkategorien:

  • Classic Room: Die Einstiegsklasse. In jedem Classic Room gibt es zwei Betten, die übereinander angeordnet sind. Im Abteil gibt es ein Waschbecken, Toiletten befinden sich am Wagenende. Zugang zu einer Dusche gibt es nicht. Mittels einer Verbindungstür lassen sich benachbarte Abteile zu einer Art Suite verbinden, was sich besonders für Familien eignet.
  • Club Room: Das gewisse Extra. Die Abteile sind identisch zu den Classic Rooms, haben aber zusätzlich ein kleines Badezimmer mit WC und Dusche. Darüber hinaus ist für Reisende im Club Room das Frühstück inklusive und es gibt weitere Vorteile wie Lounge-Zugang an einigen Bahnhöfen sowie – bei Platzknappheit – bevorzugten Zugang zum Speisewagen.
  • Caledonian Double: Die Luxusklasse. Statt Stockbetten gibt es ein komfortables Doppelbett, die Grundfläche des Abteils ist entsprechend größer. Auch in der Kategorie Caledonian Double gibt es ein Badezimmer und alle weiteren Vorteile vom Club-Abteil.
Lokomotive der Klasse 92
Lokomotive der Klasse 92 im Dienst des Caledonian Sleeper
Schlafwagen von außen
Der Caledonian Sleeper besteht zum größten Teil aus Schlafwagen
Speisewagen von außen
In den meisten Zugteilen gibt es außerdem einen Speisewagen

In jedem Zugteil des Caledonian Sleeper wird in der Regel ein barrierefreier Schlafwagen mitgeführt. Darin gibt es je ein rollstuhlgerechtes Abteil in den Kategorien Classic und Caledonian Double, diese befinden sich am Wagenende. Barrierefreie Club-Abteile gibt es dagegen nicht.

Neben den Schlafwagen gibt es im Caledonian Sleeper außerdem Sitzwagen mit Fahrradstellplätzen sowie mit dem Club Car einen vollwertigen Speisewagen.

Wir waren in einem Classic Room untergebracht, da wir mit Interrail-Pässen der 2. Klasse reisen. Eine Fahrt im Club Room erfordert einen Pass der 1. Klasse. Ein Caledonian Double steht Reisenden mit Interrail nicht zur Verfügung; möchtet ihr euch diesen Luxus gönnen, müsst ihr ein reguläres Ticket kaufen.

Erste Eindrücke

Zurück nach Euston. Nachdem der Check-in erledigt war (unser Name genügte, für das Ticket hat sich keiner interessiert) und uns der Host das Wichtigste erklärt hatte, kletterten wir gespannt in den Schlafwagen.

Erster Eindruck: Wow, das ist ja wirklich so stylisch und elegant wie auf den Fotos im Internet.

Und der zweite: Wow, ist das alles klein hier.

Logo des Caledonian Sleeper als Leuchtschild
Der Caledonian Sleeper steckt voller liebevoller Details
Gang im Schlafwagen des Caledonian Sleeper
Die Gänge in den Schlafwagen sind wirklich eng

Schuld ist das britische Lichtraumprofil, das keinen Platz für Ausschweifungen lässt. Sich im schmalen Gang zu begegnen ist unmöglich, und auch mancher Rollkoffer dürfte hier an seine Grenzen stoßen.

Als Rucksackreisende kamen wir aber gut zurecht. Wir waren eh viel zu aufgeregt, was uns hinter der Abteiltür erwarten würde.

Unser Classic Room lag auf halber Strecke zwischen Einstieg und Wagenmitte. Hinreichend weit weg also von den Drehgestellen, so dass es mit der Nachruhe keine Probleme geben sollte. Bei Nachtzügen gilt generell: Je weiter in der Mitte, desto weniger Laufgeräusche kommen an.

Tipp: Ihr könnt das Abteil bei der Buchung in einer grafischen Übersicht selbst auswählen. Und zwar auch, wenn ihr nur einen Aufpreis zum Interrail bucht.

Klein, aber oho

Das Abteil zeigte sich dann wie der Rest des Zuges: äußerst kompakt, aber liebevoll und mit Auge fürs Detail gestaltet.

Unser Gepäck verschwand unter dem unteren Bett. Was positiv auffiel, war die sehr gute und dimmbare Beleuchtung. Das Waschbecken funktionierte tadellos und auch warmes Wasser war vorhanden. Uns gefielen die vielen kleinen Details wie das typisch schottische Stoffmuster an der Wand.

Neben Handtüchern fanden wir für jeden eine Flasche Wasser sowie ein kleines Nacht-Kit mit Schlafmaske, Ohrstöpseln und Seife.

Innenaufnahme Classic Abteil
Blick in unseren Classic Room im Schlafwagen
Unteres Bett im Schlafwagen-Abteil mit zwei Kissen
Die Betten im Caledonian Sleeper erwiesen sich als sehr bequem
Waschbecken am Fenster
In jedem Abteil befindet sich ein Waschbecken

Außerdem lagen zwei Key Cards bereit, mit denen sich die Abteiltür von außen öffnen ließ. Die Karten müssen zunächst aktiviert werden, dazu haltet ihr sie zweimal von außen vor den Sensor an der Tür.

Vielleicht noch interessant aus europäischer Sicht: Im Abteil gibt es USB-Steckdosen. Um euer Smartphone zu laden, braucht ihr also nicht zwingend einen Adapter für britische Steckdosen. Da ihr aber vermutlich noch ein paar Tage in Schottland verbringen werdet, solltet ihr einen solchen natürlich trotzdem im Reisegepäck haben.

Das eingepackte Nacht-Kit im Caledonian Sleeper
Für jeden gab es ein Nacht-Kit mit Schlafmaske, Ohrstöpseln und Seife
Abteiltür mir Sensor
Die Abteiltür lässt sich mit einer Key Card öffnen

Besuch im Club Car

Pünktlich um 21:15 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung. Das Abfahrtgleis war etwa 45 Minuten zuvor bekannt gegeben worden, der Einstieg ab dann möglich. Um die Nachtruhe nicht zu stören, gibt es an Bord des Caledonian Sleeper generell keine Durchsagen.

Nachdem wir uns häuslich eingerichtet und das Abteil ausgiebig bestaunt hatten, war es Zeit für einen wee visit im Club Car. Der Zugteil nach Fort William führt als einziger kein eigenes Restaurant, bis zur Zugteilung kann man aber das Club Car nach Aberdeen nutzen.

Wie in Großbritannien üblich wird man an einen Tisch platziert. Stürmt also nicht gleich auf den ersten freien Platz, sondern nehmt kurz Kontakt mit dem Servicepersonal auf.

Innenaufnahme Club Car
Das Club Car gehört zu den Highlights im Caledonian Sleeper
Sitzecke im Club Car mit Tisch
Im Speisebereich gibt es gemütliche Sitzgruppen
Barsitze im Club Car am Fenster
Einige Sitze sind wie in einer Bar am Fenster angeordnet

Die Stimmung im Club Car war entspannt und ruhig. An den anderen Tischen wurde vor allem bei Tee oder einem Glas Wein gelesen. Von Trinkgelagen, von denen hier und da zu lesen ist, war keine Spur.

Der Service war auch hier gut, aufmerksam und freundlich. Wir beließen es bei einem Drink und genossen die Atmosphäre. Das Interieur im Club Car sieht wirklich klasse aus und auch über die Küche hört man viel Gutes. Lasst euch das auf keinen Fall entgehen.

Bezahlen konnten wir ganz einfach kontaktlos mit Karte.

Eine Dose Cider, ein Glas, eine Tasse, Oliven und Cashew-Kerne
Wie beließen es im Club Car bei Getränken und Snacks

Der nächste Morgen

Wie das immer so ist im Nachtzug, verging die Zeit viel zu schnell. So war es bereits nach Mitternacht, als sich die Abteiltür hinter uns schloss. Der Halt in der nordenglischen Eisenbahnstadt Crewe lag da schon hinter uns.

Wie war die Nacht?

Erstaunlich gut! Wenn auch nur kurz, schließlich wollten wir am Morgen noch etwas von der Landschaft sehen. Und die zeigte sich beim ersten Blick aus dem Fenster von ihrer schönsten Seite: Berge, tiefblaue Seen und Schafe überall. Dazu strahlte die Sonne, die uns bis zu diesem Tag auf unserer Reise durch Schottland begleiten sollte.

Aussicht aus dem Abteil mit Waschbecken im Vordergrund
Der erste Blick aus dem Fenster war vielversprechend
Foto aus dem Gang mit Landschaft vor dem Fenster
Blauer Himmel über den schottischen Highlands
Landschaftsaufnahme aus den Highlands
Wieder einmal hatte uns der Nachtzug in eine andere Welt katapultiert

Die Betten erwiesen sich als überraschend bequem, nachdem wir die dünnen Matratzen am Abend noch etwas skeptisch beäugt hatten. Mit meinen 1,83 Metern kam ich gut zurecht, viel länger solltet ihr aber nicht sein.

Unterwegs sind wir kaum einmal aufgewacht, auch von den Rangierarbeiten in Edinburgh bekamen wir nichts mit.

Vor der Fahrt hatte ich einige kritische Berichte zum Fahrkomfort des Caledonian Sleeper gelesen. Das kann ich so nicht bestätigen. Die abendliche Fahrt durch England war angenehm und nicht ruhiger oder unruhiger als in anderen Nachtzügen.

Am Morgen dann auf der West Highland Line – einer eingleisigen, nicht elektrifizierten Gebirgsstrecke – wurde es deutlich holpriger. Das lag aber vor allem an den Schienenstößen, die im ländlichen Schottland noch üblich sind, und ist weniger dem Caledonian Sleeper anzulasten. Ob man das Galoppieren des Zuges als romantisches kleines Bonusfeature oder als störend empfindet, liegt wohl im Auge des Betrachters.

Bahnhof Rannoch mit Stationsschild und Zug
Zugbegegnung auf der eingleisigen West Highland Line im Bahnhof Rannoch

Breakfast Time

Im Classic Room ist kein Frühstück enthalten, kann aber gegen kleines Geld an Bord dazu bestellt werden. Dazu hatten wir am Abend ein Kärtchen ausgefüllt und unserem Host in die Hand gedrückt. Kurze Zeit später kam er zur Bezahlung vorbei, auch das lief unkompliziert mit Karte.

Entschieden hatten wir uns für das schottische Porridge, und das war wirklich sehr gut – angenehm cremig und mit einer guten Prise Salz. Dazu gab es Honig, ein Heißgetränk, Orangensaft und einen Müsliriegel. Für gerade einmal 4,50 Pfund pro Person ein echtes Schnäppchen.

Wir fragten uns allerdings, warum das nicht gleich im nicht gerade niedrigen Ticketpreis enthalten ist.

Frühstück verpackt auf dem Bett
Das Frückstück wird am Morgen ans Bett gebracht
Alle Frühstückskomponenten auf dem Tisch im Abteil
Zum Porridge gab es Honig, Kaffee oder Tee, Saft und einen Müsliriegel

Was wir versäumt hatten, war, eine Zeit auszumachen, zu der das Frühstück serviert werden sollte. Als die Ankunftszeit näher rückte, wurden wir etwas nervös. Schließlich nahmen über die Sprechanlage im Abteil Kontakt zum Host auf, was tadellos funktionierte.

Wenn ihr euch Stress am Morgen ersparen wollt, schreibt eure Wunschzeit einfach mit auf die Frühstückskarte.

Wer mag, kann zum Frühstücken auch in das Club Car gehen und dort aus einer größeren Auswahl wählen (zur Speisekarte). Natürlich fehlt auch das Traditional Scottish Breakfast mit Eiern, Speck, Baked Beans, Haggis und Black Pudding nicht auf der Karte.

Ankunft in Corrour

Um kurz vor 9 Uhr war es dann so weit: Ankunft im legendären Corrour, dem höchsten und abgelegensten Bahnhof Großbritanniens!

Bereits bei der Ausgabe des Frühstücks wurden wir darauf aufmerksam gemacht, dass wir aufgrund des kurzen Bahnsteigs in Corrour den Zug nur über den letzten Wagen verlassen können.

Zehn Minuten vor Ankunft holte uns dann einer der Hosts persönlich vom Abteil ab und führte uns durch die fünf Wagen bis zum Zugende. Jeder Mitarbeiter, dem wir dabei begegneten, hatte noch ein Goodbye oder einen netten Spruch für uns auf den Lippen.

Anzeige "The Next Station is Corrour"
Zum Ausstieg in Corrour führte uns ein Host ans Zugende

Nach 11 Stunden 43 Minuten Fahrt, und damit auf die Minute pünktlich, sprang dann die Tür auf. Noch ein letztes Thank You, dann standen wir da, auf dem Bahnsteig, mitten in der absoluten Einsamkeit.

Corrour, was für ein Ort.

Bahnsteig Corrour mit Caledonian Sleeper im Hintergrund
Nach knapp 12 Stunden: Ankunft am Sehnsuchtsort Corrour
Bahnsteig von Corrour ohne Zug und Menschen
Corrour ist der höchstgelegene Bahnhof in Großbritannien

Okay, zugegeben, ganz einsam waren wir nicht. Mit uns war eine Handvoll Wanderer aus dem Zug gestiegen.

Aber die zerstreuten sich bald in die Berge. Wir hingegen blieben, wortwörtlich, denn die kommenden Nächte würden wir im Corrour Station House verbringen, der wohl großartigsten Unterkunft für Zugfans auf der ganzen Welt.

Aber das ist eine andere Geschichte, die ihr in der Ausgabe „Einmal nach Corrour“ der Zugpost nachlesen könnt.

Einmal nach Corrour
Großbritanniens großartigster Bahnhof liegt mitten in der Einsamkeit der schottischen Highlands. Die Zugpost hat ihn besucht.

Ein teures Vergnügen

Zum Schluss müssen wir noch über den Elefanten im Raum reden.

Beim Caledonian Sleeper ist nicht nur das Porridge gesalzen, sondern auch der Preis. Eine Nachtzugfahrt nach Schottland wird ein Loch in eure Reisekasse reißen. Für einen Classic Room starten die Preise bei 175 Pfund für Einzelreisende, für zwei Personen sind es 205 Pfund.

Noch tiefer in die Tasche greifen müsst ihr für eine Fahrt im Club Room. Hier liegen die Startpreise bei 235 und 290 Pfund für Einzel- bzw. Doppelbelegung. Und beim Caledonian Double reden wir von 400 Pfund aufwärts. Sitzplätze gibt es dagegen bereits ab 50 Pfund.

Tickets lassen sich bis zu ein Jahr im Voraus kaufen, die Buchung ist einfach online auf sleeper.scot möglich.

Tipp: Wenn ihr auf Lounge-Zugang und Dusche verzichten könnt, seid ihr mit einem Classic Room am besten aufgehoben. Das Frühstück allein rechtfertigt den Aufpreis für den Club Room keinesfalls.

Die gute Nachricht: Ihr könnt den Caledonian Sleeper auch mit Interrail nutzen und den Preis so in etwas erträglichere Regionen drücken. Für einen Classic Room zahlt ihr dann einen Zuschlag von 130 Pfund bei Einzelbelegung und 150 Pfund für zwei Personen. Für einen Club Room, der ein Interrail der 1. Klasse erfordert, sind es 180 und 210 Pfund.

Den Aufpreis bucht ihr ganz einfach online: Auf sleeper.scot gebt ihr eure Verbindung ein und setzt dann unter den Optionen den Haken bei „Room Supplement Only“. Ihr müsst dann noch einmal bestätigen, dass ihr wirklich nur ein Supplement wollt, und schon werdet ihr zum normalen Buchungsprozess weitergeleitet.

Interessant ist auch das Family Ticket, bei dem sich zwei oder drei benachbarte Abteile für Familien zum vergünstigten Preis buchen lassen.

Zugzielanzeiger in Corrour am Abend
Wenn es Abend wird in Corrour kommt der Sleeper
Der Caledonian Sleeper hält in Corrour
Es ist große Nachtzugliebe ❤️

Fazit

Ganz klar: Die Fahrt mit dem Caledonian Sleeper war ein großartiges Erlebnis, das ich nicht missen möchte.

Europas bester Nachtzug? Mit absoluten Aussagen wie dieser tue ich mich schwer, jeder Nachtzug hat seinen eigenen Reiz. Wo der Caledonian Sleeper besticht, ist in Sachen Service und Komfort. Ich habe noch keinen Nachtzug erlebt, wo das Motto „Hotel auf Schienen“ so sehr zutrifft.

Natürlich hat das seinen Preis. Im ohnehin nicht gerade günstigen Schottland, insbesondere was Übernachtungen betrifft, relativiert sich das aber wieder ein bisschen. Und die großartige Landschaft, die am Morgen vor dem Fenster vorbeizieht, dürfte auch den letzten, der sich über das Loch in der Reisekasse grämt, wieder gnädig stimmen.

Übrigens: Ab Juni wird der Caledonian Sleeper von Schottlands Eisenbahn ScotRail übernommen. Welche Auswirkungen das auf Betrieb und Preise haben wird, bleibt abzuwarten. Kurzfristig dürfte sich jedoch nicht viel ändern.


Kurzstrecke

Nachrichten, Updates und Fundstücke – was war in dieser Woche sonst noch los auf und neben Europas Gleisen?

Sperrung zwischen Schweiz und Italien

Vom 29. April bis zum 1. Mai 2023 finden am Bahnhof Monza in Norditalien Bauarbeiten statt. Deshalb wird die Linie Chiasso–Milano Centrale während diesem Zeitraum zwischen Seregno und Sesto S. Giovanni für den Bahnverkehr gesperrt. Von dieser Sperrung sind sowohl die EC-Verbindungen als auch der grenzüberschreitende Regionalverkehr betroffen. Solltet ihr in dieser Zeit in der Gegend unterwegs sein, zum Beispiel um den „Chiasso-Trick“ zu nutzen (siehe Zugpost Oktober 2022), checkt vorher unbedingt eure Verbindung in der Fahrplanauskunft der SBB.

CrossBorderRail kommt zurück

Unser lieber Freund Jon Worth (siehe Zugpost August 2022) geht im Mai wieder auf Europareise. Diesmal nimmt er sich alle grenzüberschreitenden Bahnstrecken von und nach Deutschland vor. Besonderer Twist: Er wird er mit dem brandneuen 49-Euro-Ticket unterwegs sein und seine Gültigkeit im Grenzbereich austesten. Wie gewohnt wird Jon unter dem Hashtag #CrossBorderRail auf Social Media über seine Erlebnisse berichten. Darüber hinaus gibt es Events und Treffen entlang der Route. (Zum Projekt)

Mit dem Dacia nach Bukarest

Monisha Rajesh ist für eines ihrer Bücher schon in 80 Zügen um die Welt gefahren, nun hat es sie in den Nachtzug „Dacia“ von Wien nach Bukarest verschlagen. Für Lonely Planet hat sie ihre Erfahrungen aufgeschrieben. In dem stimmungsvollen Artikel (auf Englisch) erzählt sie, wie aus einem mulmigen Gefühl Begeisterung wurde und warum sie Rumäniens Nachtzüge jederzeit dem Nightjet vorziehen würde. (Zum Artikel)

Ohne Lokwechsel nach Skandinavien

Die elektrische Lokomotive des Typs Vectron von Siemens Mobility hat die Zulassung für den Skandinavien-Korridor bekommen. Damit sind künftig Fahrten von den Alpen bis nach Schweden und Norwegen ohne Lokwechsel möglich. Erster Anwender ist der schwedische Betreiber Snälltåget, der für seine Nachtzüge von Deutschland und Österreich nach Stockholm drei Vectrons mit ETCS-Zugsicherung angemietet hat. (Mehr Infos)

Günstige Zugtickets in Finnland

Während ich mich in Schottland herumtreibe, erreichte mich aus der Wahlheimat folgende Nachricht: In Finnland endet die vorübergehende Umsatzsteuer-Befreiung auf Zugtickets am 30. April. Solltet ihr vorhaben, in diesem Jahr mit dem Zug durch Finnland zu fahren – zum Beispiel mit dem Nachtzug nach Lappland – könnt ihr ein paar Euros sparen, wenn ihr das Ticket noch diesen Monat kauft. Das gilt übrigens auch für das Passangebot Lomalippu („Ferienticket“), das diesen Sommer zurückkehrt. (Mehr Infos)

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️️Ihr habt einen Tipp für die nächste Ausgabe der Kurzstrecke? Dann schreibt mir an kontakt@zugpost.org

Kulanz der Woche

In der letzten Zugpost schrieb ich über mein Drama mit dem zu spät aktivierten Interrail-Pass aus der 50-Prozent-Aktion vom letzten Frühjahr. Eine Mischung aus Fehlkommunikation und eigener Doofheit führte zum vollständigen Verlust des Passes inklusive mehrerer 100 Euro Schaden.

In der Zwischenzeit meldeten sich viele mit ähnlichen Problemen. Das hat Interrail offenbar dazu bewogen, im großen Stil Kulanz zu zeigen. Es verdichten sich die Anzeichen, dass alle, die ihr Interrail-Ticket verloren haben, dieses nachträglich doch noch aktivieren können.

Und zwar bis zum 10. Juli 2023.

Noch steht die allerletzte Bestätigung aus, sollte es aber wirklich so kommen, wäre es mehr als großzügig von Interrail. So großzügig, dass manche, die ihren Pass fristgemäß aktiviert haben, sich schon beschweren.

Man kann es eben nie allen recht machen.


Das war die erste Unterwegs-Ausgabe der Zugpost. Leider etwas verspätet, wofür ich mich an dieser Stelle entschuldigen möchte.

Ich habe diese Woche gelernt, dass es nicht einfach ist, zu reisen und gleichzeitig einen halbwegs informativen Newsletter zu verfassen. Ich gelobe Besserung und werde versuchen, meine Arbeitsabläufe zu optimieren.

Wir lesen uns nächsten Freitag ... oder Samstag. Auf jeden Fall zum kommenden Wochenende.

Habt bis dahin eine gute Zeit,

Sebastian