Hallo Zugfans 👋

Wie wollen wir künftig mit dem Zug reisen? Um diese Frage dreht sich diese Ausgabe des Zugpost Newsletters.

Aus Österreich kommt eine klare Antwort: mit dem Nachtzug! Anlässlich ihres Geburtstages haben die ÖBB feierlich den Nightjet der neuen Generation vorgestellt. Ab Dezember soll er auf die Schiene kommen. Die Zugpost nimmt die neuen Züge unter die Lupe.

In Deutschland und Großbritannien versucht man dagegen, Reisenden auf die eine oder andere Weise das Leben schwer zu machen. Warum digital nicht immer besser ist, lest ihr in dieser Ausgabe.

Was sonst noch los war, erfahrt ihr wie gewohnt in der Kurzstrecke.

Viel Spaß beim Lesen wünscht,

Sebastian


Der neue Nightjet ist da

In diesen Tagen feiern die ÖBB ihr 100-jähriges Bestehen. Stargast auf der großen Geburtstagsparty am vergangenen Samstag in Wien war der neue Nightjet, der erstmals vollständig der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Laut ÖBB nichts weniger als das „neue Flaggschiff im europäischen Nachtzugverkehr“.

Geht alles glatt, werden die Nachtzüge am 10. Dezember 2023 erstmalig in den Fahrgasteinsatz gehen, und zwar auf den Strecken Hamburg–Wien und Hamburg–München–Innsbruck.

Ein neuer Nightjet besteht aus sieben Wagen, darunter

  • zwei Schlafwagen mit 2-Bett-Abteilen, die alle über ein eigenes Bad mit WC und Duschgelegenheit verfügen,
  • drei Liegewagen mit klassischen Viererabteilen sowie den innovativen Mini Cabins, einer Art Kapselhotel auf Schienen,
  • ein Sitzwagen, der als Steuerwagen ausgeführt ist und ausschließlich Großraumbereiche enthält sowie
  • ein Multifunktionswagen mit barrierefreiem Liegeabteil, Fahrradstellplätzen und weiteren Sitzen.

Zwei siebenteilige Einheiten können als Doppeltraktion verkehren, was auf den oben genannten Zugläufen ab Hamburg praktiziert werden wird. Da dann mit 14 Wagen die maximale Zuglänge erreicht ist, entfällt künftig der Autotransport zwischen Hamburg und Innsbruck.

Doch hält der neue Nightjet, was er verspricht? Welche Neuerungen erwarten euch genau an Bord? Und was kostet der Spaß? Die Zugpost hat in diesem Artikel alle Informationen gesammelt.

Neuer Nightjet: Die wichtigsten Fragen und Antworten
Alle Infos zum brandneuen Nachtzug der ÖBB.

Digital ist besser?

Zwei Themen bewegen zur Zeit die Community, die auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben, für mich aber dieselbe Frage berühren, nämlich wie wir in einer modernen Welt mit dem Zug reisen wollen.

Zum einen ist da die Deutsche Bahn. Seit dem 1. Oktober verkauft sie Sparpreis-Tickets am Fahrkartenschalter nur noch gegen Herausgabe einer E-Mail-Adresse oder Handynummer.

Wie ich auf Mastodon schrieb, ist das allein schon aus Gründen des Datenschutzes problematisch:

Warum ich damit ein Problem habe: Datensparsamkeit. Man sammelt nur so viele Daten, wie absolut notwendig ist, damit ein Dienst funktioniert. Für den Dienst „Beförderung“ ist es nicht zwingend erforderlich, die E-Mail-Adresse oder Mobilfunknummer der Reisenden zu kennen.

Offizielle Begründung der Bahn: Man wolle Reisende besser über Verspätungen und Ausfälle informieren. Dagegen ist erst mal nichts zu sagen, nur was ist verkehrt daran, es dem Kunden selbst zu überlassen, ob und wie er diese Informationen empfängt?

Dass mehr dahinterstecken könnte, schrieb Lennart auf der Plattform, die einst den schönen Namen Twitter trug:

Vielmehr befürchte ich, dass man den Sachverhalt nutzen wird, um für eine Verschlechterung der Fahrgastrechte zu lobbyieren. Heute haben Reisende bei Fahrplanänderung nach Kauf umfassende Rechte, von flexibler Nutzung eines anderen Zugs bis hin zu (in bestimmten Fällen) Taxi und Hotel. Denn: der Beförderungsvertrag darf seitens der Verkehrsunternehmen nicht einseitig geändert werden. Zukünftig gehe ich davon aus, dass große Player (DB, SNCF, SJ, Trenitalia) sich für Klauseln einsetzen, dass bei Einhaltung von Fristen bestimmte einseitige Änderungen oder sogar Stornierungen ohne Entschädigung statthaft sein werden. Weil man ja per Mail/SMS informiert hat.

Bei der DB hat man sogar noch weitergehende Pläne: Zum Jahreswechsel soll der Verkauf von Sparpreisen am Automaten komplett eingestellt werden.

Noch drastischer ist, was Bahnfahrenden in Großbritannien blüht. Hier sollen praktisch alle Bahnschalter geschlossen werden. Das Personal werde sich stattdessen um das kümmern, was die Kunden „wirklich wollen und brauchen“, heißt es. Der Guardian ist rausgefahren und hat Reisende nach ihrer Sicht gefragt:

Keiner der Kunden, die ich heute treffe, sagt, dass die Schließung des Schalters das ist, was sie wollen oder brauchen (…). Im Gegenteil, sie bezeichnen die Entscheidung als „entsetzlich“, „lächerlich“, „entwürdigend“, „unmenschlich“, „ausgrenzend“, „teuflisch“, „altersdiskriminierend“, „ableistisch“ und „herzzerreißend“.
Tragic death of the ticket office: the inhuman, isolating change that could ruin train travel
Along with nearly 1,000 other railway stations in England, Ryde is set to lose their facility, part of a recent £10m transformation. Both locals and tourists are incensed

Deutliche Worte, die zeigen: Die Briten lieben ihre Ticket Offices. Und überhaupt ihre Bahnhöfe. Wer schon einmal auf der Insel unterwegs war, weiß, wie liebevoll gepflegt diese sind. Und wie angenehm es ist, dass jemand vor Ort ist, der sich kümmert, wenn einmal etwas schiefgeht, oder für einen kurzen Schnack zu haben ist. Wer die Schalter schließt, reißt den Bahnhöfen ihr Herz raus.

In beiden Fällen geht es darum, Vielfalt und Service zu beschneiden und den Fahrgast ins Digitale zu treiben. Sicher, es ist gut, dass die Eisenbahn mit der Zeit geht. Auch ich kaufe den überwältigenden Teil meiner Fahrkarten im Internet. Aber erstens erkenne ich an, dass es Menschen gibt, die das nicht können oder wollen. Und zweitens muss das eine das andere ja nicht ausschließen.

Woran ich dabei denken muss: Es gibt ein Gesetz in der Informationsverarbeitung, das besagt, dass ein neues Medium ein altes nie vollständig verdrängt. Das Telefon hat nicht den Brief getötet, das Fernsehen nicht das Radio gekillt und so weiter. Zugegeben, die Theorie gilt in Teilen als überholt und es gibt Gegenbeispiele – wer schiebt heute etwa noch eine VHS in den Videorekorder?

Die Schallplatte dagegen erlebt seit Jahren ihr Comeback. Warum? Vinyl klingt warm und menschlich. Und das ist es, was Eisenbahnen meiner Meinung nach auch sein sollten.


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Kurzstrecke 💬

Was gibt es Neues auf Europas Gleisen? Worüber spricht die Zugreise-Community? Das Wichtigste in der Kurzstrecke!

Thalys ist jetzt Eurostar

Thalys und Eurostar, die beiden großen Player im westeuropäischen Hochgeschwindigkeitsverkehr, haben ihre Fusion vollzogen. Die Marke Thalys ist mit dem 1. Oktober 2023 verschwunden, alle Züge fahren nun unter dem Eurostar-Label. Abgesehen vom neuen Logo tragen die Fahrzeuge aber weiter ihr altes Farbkleid: ehemalige Thalys-Züge rot, Tunnelzüge blau. Um Verwechslungen vorzubeugen, ist die Farbe der Lackierung sogar auf den neuen Tickets vermerkt. Ansonsten ändert sich wenig: Die Züge bleiben teuer, gerade für Interrailer, und schlecht in die europäischen Ticketsysteme integriert.

Thalys und Eurostar
Thalys und Eurostar haben sich zu einer Marke vereint. Bild: Eurostar Group

Erste Reisezüge durch den Gotthard

Durch den beschädigten Gotthard-Basistunnel sind erstmals wieder Reisezüge gefahren. Der Tunnel war nach der Entgleisung eines Güterzugs am 10. August 2023 für den Personenverkehr gesperrt worden. Nach einer Anpassung des Rettungskonzeptes bieten die SBB bis Dezember nun zunächst einzelne Verbindungen durch den Tunnel an. Da die Züge mit verringerter Geschwindigkeit fahren, beträgt der Zeitgewinn gegenüber der Umleitung über die Panoramastrecke vorerst nur 15 bis 30 Minuten.

Neuer Fahrplan der DB

Nachdem die ÖBB schon vor Wochen vorgeprescht waren, was unter anderem einen neuen Nachtzug nach Warschau verriet, hat nun auch die Deutsche Bahn Details zum Fahrplan 2024 veröffentlicht. Deutlich ausgebaut wird ab dem Fahrplanwechsel im Dezember der ICE-Verkehr auf den Hauptachsen Berlin–München und Berlin–Hannover, wo es künftig zwei Züge pro Stunde geben wird. Mehr Züge gibt es auch zwischen Halle und Wien sowie zwischen Leipzig und Karlsruhe. Tickets sind ab dem 11. Oktober 2023 erhältlich.

Ab Dezember 2023: Neuer Nachtzug von München nach Warschau
Alle Infos zum neuen Nachtzug von München über Wien nach Warschau ab 10. Dezember 2023.

Bauarbeiten zwischen Budapest und Wien

Aufgrund von Bauarbeiten in Ungarn kommt es bis voraussichtlich 10. Dezember 2023 zu Einschränkungen auf der Strecke zwischen Budapest und Wien. Fernzüge von Budapest über Hegyeshalom nach Wien verspäten sich in beiden Richtungen um 20 bis 30 Minuten. Direktzüge von Budapest über Wien nach München enden bereits in Wien Hbf, der Abschnitt Richtung Deutschland entfällt. Da zwischen Budapest und Győr zudem viele Nahverkehrszüge ausfallen, ist mit einer erhöhten Auslastung in den Fernzügen zu rechnen.

DiscoverEU geht in die nächste Runde

Im Rahmen des Programms DiscoverEU verschenkt die European Union regelmäßig Interrail-Pässe an 18-Jährige in Europa. Nun geht die Vergabe in die nächste Runde. Die Bewerbungsfrist endet am 18. Oktober 2023 um 12 Uhr Brüsseler Zeit. Teilnehmen kann, wer im Jahr 2005 geboren wurde und in der EU oder einem mit dem Programm Erasmus+ assoziierten Land lebt. Wer ausgewählt wird, kann zwischen dem 1. März 2024 und dem 31. Mai 2025 bis zu 30 Tage lang mit dem Zug unterwegs sein.


Ende der Linie 🚉

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