Wenn am Sonntag, dem 10. Dezember 2023, europaweit der neue Fahrplan in Kraft tritt, bringt er auch für den Nachtzug wieder viele Neuerungen. Am aufregendsten sind wohl die brandneuen Züge des ÖBB Nightjet, die zunächst von Hamburg nach Wien und Innsbruck in Betrieb gehen. Weitere Strecken sollen im Laufe des Jahres 2024 folgen.
Schon länger bekannt ist, dass Berlin mit Paris und Brüssel zum Fahrplanwechsel gleich zwei neue Nachtzug-Ziele erhält. Etwas überraschender kam da die Nachricht, dass auch München mit dem EuroNight nach Warschau einen weiteren Nachtzug bekommt. Mehr Nachtzüge gibt es künftig auch in Dresden – zunächst durch eine neue Streckenführung des Nightjets Berlin–Wien, ab Frühjahr 2024 schaut dann auch der European Sleeper an der Elbe vorbei.
Diese und viele weitere Neuerungen zum Nachtzug 2024 haben wir in diesem Artikel gesammelt.
Der neue Nightjet ist da
Lange hat es gedauert, doch zum Fahrplanwechsel ist es so weit: Mit dem Nightjet der neuen Generation kommen erstmals nach zwei Jahrzehnten wieder komplett neu gestaltete Nachtzüge in Mitteleuropa auf die Schiene. Die neuen Nightjets bestehen aus siebenteiligen Einheiten mit Sitzwagen, Liegewagen und Schlafwagen.
Die größten Neuerungen: Der Schlafwagen wird nun endgültig zum rollenden Hotel. Alle Abteile haben ein eigenes Bad mit WC und Duschmöglichkeit. Dadurch sinkt die Kapazität allerdings deutlich, in einem neuen Nightjet mit zwei Schlafwagen stehen nur noch 40 Betten zur Verfügung. Komplett neu gedacht wurde der Liegewagen. Hier kommen erstmals in Europa Schlafkapseln für Einzelreisende zum Einsatz, die Privatheit mit einem attraktiven Preis verbinden.
Mehr Eindrücke und Einschätzungen zum Nightjet der neuen Generation findet ihr in diesem Artikel der Zugpost.
Die ersten neuen Nightjets kommen auf den Linien von Hamburg nach Wien sowie von Hamburg nach Innsbruck via München zum Einsatz. Die Premierenfahrt findet am Abend des 10. Dezember 2023 ab Wien und Innsbruck statt. Von Hamburg aus machen sich die neuen Nachtzüge erstmals am Montag, 11. Dezember 2023 auf die Reise.
Neue Nachtzüge von Berlin nach Brüssel und Paris
Die Nightjets der neuen Generation werden die Bestandszüge nicht ersetzen, sondern ergänzen. Frei werdende Einheiten werden genutzt, um Kapazitäten auszubauen und neue Verbindungen zu schaffen.
Zum Fahrplanwechsel profitiert davon zunächst Berlin, das mit den Nightjets Berlin–Paris und Berlin–Brüssel gleich zwei neue Nachtzug-Verbindungen erhält. Die Züge verkehren zunächst gemeinsam über Halle und Erfurt nach Mannheim, wo sie in der Nacht getrennt werden. Für den Zugteil nach Paris geht es dann über Straßburg weiter, während der Zugteil nach Brüssel über Köln, Aachen und Lüttich geführt wird.
Die Nightjets nach Brüssel und Paris werden zunächst dreimal pro Woche angeboten. Ab Herbst 2024 soll dann auf täglichen Betrieb umgestellt werden. Zum Einsatz kommen auf beiden Linien klassische Nightjet-Garnituren mit Sitz-, Liege- und Schlafwagen.
Alle weiteren Infos zu den neuen Nachtzug-Verbindungen ab Berlin haben wir in diesem Artikel für euch zusammengestellt.
Im EuroNight „Chopin“ von München nach Warschau
Eine kleine Überraschung war es, als im September ein neuer Nachtzug von München nach Warschau im Fahrplan 2024 der ÖBB auftauchte. Schnell wurde klar: Es handelt sich nicht um einen komplett neuen Zug, sondern um einen veränderten Laufweg des EuroNight „Chopin“, der zuvor ab Graz über Wien nach Warschau unterwegs war.
Ab dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember 2023 verläuft die Route von München über Rosenheim, Salzburg, St. Pölten und Linz nach Wien. Von Wien aus geht es dann auf dem gewohnten Weg über Tschechien zunächst nach Krakau und von dort am Morgen weiter nach Warschau. In der Nacht wird der EuroNight bei Halten in Břeclav und Bohumín mit Zugteilen aus Budapest und Prag verbunden.
Betrieben wird der Nachtzug München–Warschau von der polnischen Bahn. Am Zug befinden sich zwei Schlafwagen und drei Sitzwagen. Liegewagen sind dagegen nicht vorgesehen. Der EuroNight verkehrt täglich und legt die Gesamtstrecke in gut 14 Stunden zurück.
Reisende aus München, Salzburg und Oberösterreich können sich damit auf eine tolle Direktverbindung nach Krakau und Warschau freuen. Für Reisende aus Wien hingegen stellt die neue Route des „Chopin“ eine Verschlechterung dar: Im neuen Fahrplan verschiebt sich nicht nur die Abfahrtszeit um eine Stunde auf 23 Uhr, auch die Ankunft am Morgen um kurz vor 5 Uhr ist alles anderes als attraktiv.
Neue Route für den Nachtzug von Berlin nach Wien
Der Nachtzug von Berlin nach Wien und Graz kehrt auf seine alte Route über Dresden sowie Prag und Brno in Tschechien zurück. Ebenfalls davon betroffen ist die Nachtzug-Verbindung von Berlin nach Budapest, die in Form einer Kurswagengruppe am Nightjet realisiert ist.
Der auch als „Metropol“ bekannte Nachtzug Berlin–Wien hat in den letzten Jahren eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Im Dezember 2017 komplett eingestellt, tauchte er bereits im Fahrplan 2019 wieder auf – dann allerdings auf einer neuen Route über Wrocław (Breslau) in Polen. Für ein paar Jahre hingen außerdem Kurswagen der polnischen Bahn nach Przemyśl an der ukrainischen Grenze am Zug.
Nun also die Rückkehr auf den klassischen Weg durch das Elbtal. Eine gute Nachricht ist das vor allem für Dresden. Nachdem bereits im vergangenen Jahr ein Nachtzug von Prag über Dresden nach Zürich eingerichtet wurde, kommen nun mit Wien und Budapest weitere Reiseziele mit dem Nachtzug hinzu. Ab Frühjahr 2024 wird außerdem der European Sleeper in Dresden Station machen. Mehr dazu lest ihr weiter unten.
Frankreich: Nachtzüge nach Aurillac und Cerbère
Auch in Frankreich wird das Nachtzugnetz weiter ausgebaut und optimiert. Zum Fahrplanwechsel neu eingeführt wird eine Nachtzug-Verbindung von Paris nach Aurillac in der Auvergne. Der Nachtzug verlässt den Bahnhof Paris-Austerlitz um 19:27 Uhr und erreicht Aurillac um 07:30 Uhr. In Gegenrichtung verlässt er Aurillac um 22:41 Uhr und kommt um 08:31 Uhr in Paris an. Der Zug verkehrt im Verbund mit bestehenden Zugteilen von Paris nach Rodez und Albi.
Ebenfalls neu: Der Nachtzug von Paris nach Cerbère an der Mittelmeerküste wird ab Fahrplanwechsel ein eigenständiger Zug und erhält einen neuen Laufweg. Künftig werden die Nachtzüge über Nîmes und Montpellier geführt und binden mit Sète und Béziers weitere Städte der Region Languedoc an. Cerbère liegt unmittelbar an der spanischen Grenze und bietet sich zur Weiterreise nach Barcelona an.
Nachtzüge in Frankreich werden als Intercités de nuit von der französischen Bahn SNCF betrieben. Die Züge führen lediglich Sitz- und Liegewagen, dafür ist die Kapazität hoch und die Ticketpreise sind vergleichsweise niedrig. Eine Fahrt im Liegewagen gibt es bereits ab 29 €. Mehr Infos und Buchung auf sncf-connect.com.
Italien: Im Nostalgie-Nachtzug in die Dolomiten
Eine interessante Neuerung gibt es beim Nachtzug in Italien. Ab dem Fahrplanwechsel bietet die Trenitalia einen saisonalen Nachtzug nach Calalzo in den Dolomiten an. Von Calalzo gibt es einen Bustransfer in das berühmte Skigebiet Cortina d’Ampezzo. Das Besondere: Der Zug wird nicht mit regulären Schlafwagen gefahren, sondern besteht aus aufwendig restaurierten historischen Wagen der italienischen Bahn.
Das Angebot wird als Treni Turistici Italiani bezeichnet und startet am 15. Dezember 2023. Die Züge verlassen Roma Termini um 21:40 Uhr und erreichen den Bahnhof Calalzo-Pieve di Cadore um 07:57 Uhr. In Gegenrichtung ist die Abfahrt in Calalzo um 21:00 Uhr und die Ankunft in Rom um 06:40 Uhr. Unterwegs hält der Nachtzug in Orte, Orvieto, Treviso, Ponte Nelle Alpi und Longarone-Zoldo.
Der Nostalgie-Nachtzug führt Liegewagen mit Sechser- und Viererabteilen sowie Schlafwagen. Ein besonderes Highlight ist der Speisewagen aus Beständen des Trans-Europ-Express (TEE), in dem feinste italienische Küche serviert wird. Das Essen ist für Reisende im Schlafwagen im Fahrpreis enthalten. Tickets gibt es ab 160 € und sind erhältlich auf trenitalia.com (nur auf Italienisch).
European Sleeper: Ab Frühjahr 2024 nach Dresden und Prag
Neue Ziele gibt es im Frühjahr 2024 für den European Sleeper. Der private Nachtzug, der aktuell zwischen Brüssel und Berlin verkehrt, wird ab 25. März 2024 über Dresden bis nach Prag verlängert. Aktuell gilt bei European Sleeper der Winterfahrplan mit zwei Fahrten pro Woche. Mit der Verlängerung nach Prag soll im März die Frequenz wieder auf drei wöchentliche Fahrten erhöht werden.
Bereits zum Fahrplanwechsel am 10. Dezember 2023 kommt es zu kleinen Änderungen am Laufweg. Neuer Endhalt des European Sleeper in Berlin ist künftig der Ostbahnhof. Neu hinzu kommt außerdem ein Halt am Amsterdamer Flughafen Schiphol.
Es wird spannend zu beobachten sein, wie sich die Konkurrenzsituation, die mit dem neuen ÖBB Nightjet (siehe oben) künftig zwischen Berlin und Brüssel herrscht, auswirkt. Durch seine Routenführung über die Niederlande mit Halten in Amsterdam, Den Haag und Rotterdam dürfte das Alleinstellungsmerkmal von European Sleeper aber hinreichend groß sein, um im Wettbewerb bestehen zu können.
Ein Blick zurück
Zum mittlerweile siebten Mal berichte ich zum Fahrplanwechsel über die Neuerungen für den Nachtzug. Alle bisherigen Beiträge für die Jahresfahrpläne 2018 bis 2023 sind nun vom Blog „Train Tracks“ zur Zugpost umgezogen und hier archiviert.
Dort könnt ihr noch einmal nachlesen, was für eine erstaunliche Wende Europa in puncto Nachtzug hingelegt hat. Herrschte im Dezember 2017 noch Totengräberstimmung, ging es zuletzt nur noch um ein Thema: Wie kommen die Bahnen an Liege- und Schlafwagen, um die überbordende Nachfrage nach Nachtzügen zu befriedigen?
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